28. Februar 2018

Synopse zu § 218 BGB und § 439 BGB im Zuge der Reform des Kaufrechts 2018

Im Folgenden werden die § 218 BGB und § 439 BGB in ihrem früheren und jetzigen Wortlaut dargestellt. Die Änderungen in der Neufassung sind dabei durch Kursivschrift gekennzeichnet. Am Ende erfolgt eine kurze Erläuterung der Änderungen.


§ 439 BGB alte Fassung bis 31.12.2017



§ 439 BGB. Nacherfüllung


(1) Der Käufer kann als Nacherfüllung nach seiner Wahl die Beseitigung des Mangels oder die Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen.

(2) Der Verkäufer hat die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten zu tragen.

(3) Der Verkäufer kann die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung unbeschadet des § 275 II und III BGB verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist. Dabei sind insbesondere der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand, die Bedeutung des Mangels und die Frage zu berücksichtigen, ob auf die andere Art der Nacherfüllung ohne erhebliche Nachteile für den Käufer zurückgegriffen werden könnte. Der Anspruch des Käufers beschränkt sich in diesem Fall auf die andere Art der Nacherfüllung; das Recht des Verkäufers, auch diese unter den Voraussetzungen des Satzes 1 zu verweigern, bleibt unberührt.

(4) Liefert der Verkäufer zum Zwecke der Nacherfüllung eine mangelfreie Sache, so kann er vom Käufer Rückgewähr der mangelhaften Sache nach Maßgabe der §§ 346 bis 348 BGB verlangen.



§ 439 BGB neue Fassung ab 01.01.2018



§ 439 BGB. Nacherfüllung


(1) Der Käufer kann als Nacherfüllung nach seiner Wahl die Beseitigung des Mangels oder die Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen.

(2) Der Verkäufer hat die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten zu tragen.

(3) Hat der Käufer die mangelhafte Sache gemäß ihrer Art und ihrem Verwendungszweck in eine andere Sache eingebaut oder an eine andere Sache angebracht, ist der Verkäufer im Rahmen der Nacherfüllung verpflichtet, dem Käufer die erforderlichen Aufwendungen für das Entfernen der mangelhaften und den Einbau oder das Anbringen der nachgebesserten oder gelieferten mangelfreien Sache zu ersetzen. § 442 Absatz 1 BGB ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass für die Kenntnis des Käufers an die Stelle des Vertragsschlusses der Einbau oder das Anbringen der mangelhaften Sache durch den Käufer tritt.

(4) Der Verkäufer kann die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung unbeschadet des § 275 Abs. 2 und 3 BGB verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist. Dabei sind insbesondere der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand, die Bedeutung des Mangels und die Frage zu berücksichtigen, ob auf die andere Art der Nacherfüllung ohne erhebliche Nachteile für den Käufer zurückgegriffen werden könnte. Der Anspruch des Käufers beschränkt sich in diesem Fall auf die andere Art der Nacherfüllung; das Recht des Verkäufers, auch diese unter den Voraussetzungen des Satzes 1 zu verweigern, bleibt unberührt.


(5) Liefert der Verkäufer zum Zwecke der Nacherfüllung eine mangelfreie Sache, so kann er vom Käufer Rückgewähr der mangelhaften Sache nach Maßgabe der §§ 346 bis 348 BGB verlangen.



§ 218 BGB in der alten Fassung bis 31.12.2017



§ 218 BGB. Unwirksamkeit des Rücktritts

(1) Der Rücktritt wegen nicht oder nicht vertragsgemäß erbrachter Leistung ist unwirksam, wenn der Anspruch auf die Leistung oder der Nacherfüllungsanspruch verjährt ist und der Schuldner sich hierauf beruft. Dies gilt auch, wenn der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 BGB, § 439 Abs. 3 BGB oder § 635 Abs. 3 BGB nicht zu leisten braucht und der Anspruch auf die Leistung oder der Nacherfüllungsanspruch verjährt wäre. § 216 II 2 BGB bleibt unberührt.

(2) § 214 II BGB findet entsprechende Anwendung.



§ 218 BGB in der neuen Fassung ab 01.01.2018


(1) Der Rücktritt wegen nicht oder nicht vertragsgemäß erbrachter Leistung ist unwirksam, wenn der Anspruch auf die Leistung oder der Nacherfüllungsanspruch verjährt ist und der Schuldner sich hierauf beruft. Dies gilt auch, wenn der Schuldner nach § 275 Absatz 1 bis 3, § 439 Absatz 4 oder § 635 Absatz 3 nicht zu leisten braucht und der Anspruch auf die Leistung oder der Nacherfüllungsanspruch verjährt wäre. § 216 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.


(2) § 214 Abs. 2 findet entsprechende Anwendung.


Kurze Erläuterung zur Gesetzesänderung der § 218 BGB und § 439 BGB

In § 439 BGB wurde ein neuer Absatz 3 eingefügt. Daher wurde der bisherige Absatz 3 zu Absatz 4. Dies erforderte die Anpassung des § 218 BGB an die neue Fassung des § 439 BGB. Dieser wurde daher in § 218 I 2 BGB im Rahmen der Zitierung des alten § 439 III BGB in § 439 IV geändert. Während § 439 BGB also inhaltlich geändert und ergänzt wurde, handelt es sich bei der Änderung in § 218 I 2 BGB lediglich um eine sogenannte redaktionelle Anpassung der neuen Vorschrift an den geänderten § 439 BGB.

© www.jura-ghostwriter.de

27. Februar 2018

Was ist Arbeitslohn im Sinne des Einkommensteuerrechts?

Bruttolohn Definition

Für die Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 19 EStG ist die Ausgangsgröße der Bruttoarbeitslohn. Bruttoarbeitslohn ist derjenige Arbeitslohn, den der Arbeitnehmer vor Kürzung durch die Abzüge vom Arbeitgeber im Rahmen des Dienstverhältnisses als Vergütung erhält.

Arbeitslohn Definition

Zum Arbeitslohn gehören alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert, die dem Arbeitnehmer im Rahmen des Dienstverhältnisses als Vergütung für seine Dienste zufließen. Diesbezüglich gibt es mit § 2 I 1 LStDV eine Legal-Definition. Gemäß § 2 I 2 EStG ist es unerheblich, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form die Einnahmen gewährt werden. Es spielt also keine Rolle, wie die Vergütung formal bezeichnet wird oder ob es sich um einmalige oder laufende Einnahmen handelt. Es spielt ebenfalls keine Rolle, ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht. Entscheidend ist, dass die Einnahmen vom Arbeitgeber an den Arbeitnehmer im Rahmen des Dienstverhältnisses fließen. Dabei kann zwischen Arbeitslohn aus einem gegenwärtigen Dienstverhältnis im Sinne des § 19 I Nr. 1 EStG und Arbeitslohn aus einem früheren Dienstverhältnis im Sinne des § 19 I Nr. 2 EStG unterschieden werden.

Arbeitslohn aus einem gegenwärtigen Dienstverhältnis im Sinne des § 19 I Nr. 1 EStG

Zum Arbeitslohn aus einem gegenwärtigen Dienstverhältnis im Sinne des § 19 I Nr. 1 EStG gehören Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen, Bezüge und Vorteile. Als Gehälter bezeichnet man Vergütungen für Angestellte und Beamte. Bei Vergütungen von Arbeitern spricht man von Löhnen. Zusätzliche Vergütungen für Arbeitnehmer, die aus besonderen Anlässen wie z. B. Weihnachten oder Geburtstagen gewährt werden, nennt man Gratifikationen. Tantiemen sind einmalige Sondervergütungen für Arbeitnehmer, die nach dem Umsatz oder Gewinn des Unternehmern berechnet und gewährt werden. Zu den Gütern, die dem Arbeitnehmer in Geld oder Geldeswert zufließen, gehören die Bezüge und Vorteile. Das sind beispielsweise Waren, freie Wohnung, ein Firmenwagen oder auch freie Kost. Zum Arbeitslohn gehören weiterhin aber auch sämtliche Sachbezüge, Lohnzuschläge, Entschädigungen für nicht gewährten Urlaub, Fehlgeldentschädigungen, Vergütungen für Kontoführungsgebühren und Vergütungen des Arbeitgebers zu den Aufwendungen des Arbeitnehmers für seine Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte; jedenfalls soweit diese Aufwendungen nicht zu den Reisekosten gehören. Bei den Lohnzuschlägen sind vor allem die Lohnzuschläge für Mehrarbeit und Erschwerniszuschläge wie Gefahrenzuschläge, Schmutzzulagen, Kältezuschläge, Hitzezuschläge und Wasserzuschläge relevant. Pauschale Fehlgeldentschädigungen gehören zum Arbeitslohn, wenn sie Arbeitnehmern im Kassen- und Zähldienst gezahlt werden, soweit sie den Freibetrag von momentan 16 Euro im Monat übersteigen. 

Arbeitslohn aus einem früheren Dienstverhältnis im Sinne des § 19 I Nr. 2 EStG

Zum Arbeitslohn aus einem früheren Dienstverhältnis gehören die Wartegelder, die Ruhegelder und die Witwen- und Waisengelder. Wartegelder sind Einnahmen aus einem Dienstverhältnis, dessen übliche Lohnzahlung eingestellt, welches aber in Zukunft fortgesetzt werden soll. Beiträge, die zur Versorgung eines Arbeitnehmers für die Zeit nach Beendigung des Dienstverhältnisses bezahlt werden, nennt man Ruhegelder. Dazu gehört beispielsweise das Ruhegehalt eines pensionierten Beamten. Von den Begriffen der Witwen- und Waisengelder sind alle Einnahmen aus einem früheren Dienstverhältnis des Rechtsvorgängers erfasst.

© www.jura-ghostwriter.de

Haftung beim verschuldeten Dissens?

Totaldissens - Offener Dissens - Versteckter Dissens

Verträge können scheitern, wenn sich die Parteien nicht einigen können. Beim Totaldissens scheitert die Einigung in wesentlichen Vertragspunkten, sog. essentialia negotii. Beim offenen und versteckten Dissens der §§ 154, 155 BGB scheitert die Einigung bezüglich vertraglicher Nebenpunkte, sog. accidentalia negotii. Wurde ein solcher Dissens nun schuldhaft verursacht, so stellt sich die Frage der Haftung des Verursachers. Dabei muss zwischen einseitigem und beiderseitigem Verschulden beziehungsweise Vertretenmüssen unterschieden werden.

Dissens - Einseitiges Verschulden bzw. Vertretenmüssen

Kommt ein Vertrag nicht zustande beziehungsweise scheitert die Wirksamkeit eines Vertrages wegen eines Dissens, den eine der Parteien zu vertreten hat, so kann aus culpa in contrahendo Schadensersatz von dieser Partei verlangt werden. Anspruchsgrundlage ist § § 280 I 1 BGB in Verbindung mit § 311 II BGB. Im Rahmen des Schadensersatzes muss der Haftende dann der anderen Partei den Vertrauensschaden, also das negative Interesse, ersetzen.

Dissens - Beiderseitiges Verschulden bzw. Vertretenmüssen

Es ist umstritten, welche Rechtsfolgen sich ergeben, wenn beide Parteien die Verursachung eines Dissens zu vertreten haben. 

Teilweise vertretene Auffassung: Culpa in Contrahendo

Eine teilweise vertretene Auffassung sieht keinen wesentlichen Unterschied zum einseitigen Vertretenmüssen und gibt jedem der Parteien einen Anspruch aus § 280 I 1 BGB in Verbindung mit § 311 II BGB. Die jeweiligen Haftungsanteile werden im Rahmen der gegenseitigen Ansprüche mittels § 254 BGB und damit der Kürzung des eigenen Anspruch um den eigenen Verantwortungsteil berücksichtigt. 

Andere Auffassung: Keine Haftung

Eine andere Meinung sieht im Dissens keinen Haftungsgrund auf Schadensersatz. Ein Dissens sei jeder Partei gleichermaßen zuzurechnen. Dabei müsse jede Partei ihre Willenserklärung so gegen sich gelten lassen, wie diese Willenserklärung auch nach §§ 133, 157, 242 BGB auszulegen und zu verstehen sei. Beim Totaldissens sei daher über die Rechtsfolge der Nichtigkeit kein weitergehender Anspruch gegeben. Beim offenen Dissens gemäß § 154 BGB sei der Vertrag im Zweifel nicht geschlossen während er beim versteckten Dissens gemäß § 155 BGB geschlossen sei. Über diese Rechtsfolgen hinaus gäbe es keine Schadensersatzansprüche.

Stellungnahme zur Frage der Haftung beim Dissens

Haben die Parteien einen Vertrag geschlossen, der unwirksam ist, so wurde zumindest bereits vorvertragliches Vertrauen gebildet. Daher ist es grundsätzlich auch richtig, bei Pflichtverletzungen in diesem Vertrauensbereich an eine Haftung über die c.i.c. zu denken. Damit ist im Einzelfall unter Zugrundelegung von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB eine interessengerechte Lösung zu finden. Dabei ist es nicht ausgeschlossen, dass die Gewährung von Schadensersatz für eine oder beide Parteien im Einzelfall angemessen und sachgerecht ist. Es verbieten sich insoweit schematische Lösungsansätze, die kategorisch Schadensersatzansprüche gewähren oder ablehnen. Dabei ist auch zu beachten, dass der Gesetzgeber für die Dissensregeln keine eindeutige gesetzliche oder jedenfalls direkte gesetzliche Regelung geschaffen hat. Damit ist von Gesetzes wegen weder eindeutig ein Schadensersatzanspruch gewährt noch eindeutig verwehrt. Es kann nicht oft genug betont werden, dass wie immer der Einzelfall und die Argumentation anhand des konkreten Sachverhaltes entscheidend sind.

Was sind die Rechtsfolgen des Dissens gemäß § 154 BGB und § 155 BGB?

Offener Dissens - Versteckter Dissens - Regelungsbereich der §§ 154, 155 BGB

Die §§ 154, 155 BGB regeln den Dissens bezüglich der vertraglichen Nebenpunkte, sogenannte accidentalia negotii. Nebenpunkte sind beim Mietvertrag beispielsweise die Haustierhaltung oder beim Kaufvertrag die Lieferzeit.

Abgrenzung zum Totaldissens

Liegt ein Dissens bezüglich der wesentlichen Vertragspunkte vor, so liegt ein Dissens bezüglich der essentialia negotii vor. Ein Dissens bezüglich der essentialia negotii ist ein Totaldissens und hat in jedem Falle die Unwirksamkeit des Vertrages zur Folge. Zu den essentialia negotii eines Vertrages gehören alle Vertragspunkte, die den Charakter des Vertrages ausmachen. Ganz allgemein gehören dazu die Parteien, die Leistung und die Gegenleistung. Beim Mietvertrag gehören also beispielsweise die Mietvertragsparteien, das Mietobjekte und der Mietzins zu den essentialia negotii. Beim Kaufvertrag gehören beispielsweise mindestens Käufer, Verkäufer, Kaufgegenstand und Kaufpreis zu den wesentlichen Vertragspunkten. 

Offener Dissens gemäß § 154 BGB - Rechtsfolgen

Solange sich die Parteien nicht über alle accidentalia negotii eines Vertrages geeinigt haben, über die nach der Erklärung auch nur einer Partei eine Vereinbarung getroffen werden soll, ist der Vertrag im Zweifel nicht geschlossen. Dabei ist die Verständigung über einzelne Nebenpunkte des Vertrages auch dann nicht bindend, wenn eine Aufzeichnung stattgefunden hat. Ist eine Beurkundung des beabsichtigten Vertrages zwischen den Parteien vereinbart worden, so ist im Zweifel der Vertrag nicht geschlossen, bis die Beurkundung erfolgt.

Versteckter Dissens gemäß § 155 BGB - Rechtsfolgen

Haben sich die Parteien bei einem Vertrag, den die Parteien als geschlossen ansehen, über mindestens einen vertraglichen Nebenpunkt, über den eine Vereinbarung getroffen werden sollte, in Wirklichkeit nicht geeinigt, so gilt das Vereinbarte, sofern anzunehmen ist, dass der Vertrag auch ohne eine Einigung über diese vertragliche Nebenabrede geschlossen sein würde. Der Vertrag gilt dann ohne Berücksichtigung der offenen Punkte in Form der accidentalia negotii als geschlossen, soweit die vertragliche Einigung reicht. 

© www.jura-ghostwriter.de

Was ist ein Dissens? Vermeiden Sie diese zwei elementaren Fehler beim Dissens!

Dissens Definition Jura


Ein Dissens ist eine juristischer Tatbestand, bei dem die Willenserklärungen der Vertragsparteien ganz oder teilweise nicht inhaltlich korrespondieren



Dissens BGB Arten


Beim Dissens sind der Totaldissens und der Dissens gemäß den §§ 154, 155 BGB streng zu unterscheiden

Beim Totaldissens herrscht keine Einigkeit bezüglich der essentialia negotii, also der wesentlichen Vertragspunkte, zwischen den Parteien. 

Beim Dissens gemäß den §§ 154, 155 BGB herrscht keine Einigkeit bezüglich der accidentalia negotii, also der Nebenpunkte, zwischen den Parteien.




Offener Dissens gemäß § 154 BGB


Beim offenen Dissens im Sinne des § 154 BGB ist den Parteien bewusst, dass sie sich über einen bestimmten Vertragspunkt nicht bzw. noch nicht geeinigt haben.




Offener Dissens gemäß § 154 BGB - Beispiel

Die Parteien schließen einen Mietvertrag, in dem die essentialia negotii in Form von Mietvertragsparteien, Mietobjekt und Mietzins geregelt sind. 

Bezüglich der Frage der Haustierhaltung als Nebenpunkt des Mietvertrages haben die Parteien aber noch keine Regelung erzielt; dies ist ihnen auch bewusst. Mindestens einer Partei, also beispielsweise dem Mieter, ist eine Einigung und Regelung zur Haustierfrage aber wichtig. 

Solange sich die Parteien nun nicht über diesen Vertragspunkt "Haustierhaltung" geeinigt haben, ist der Vertrag gemäß § 154 BGB nicht geschlossen. Dabei ist die Verständigung auch dann nicht bindend, wenn zwar einzelne Punkte bereits in der Mietvertragsurkunde stehen, aber eine Unterschrift noch aussteht. 


Versteckter Dissens gemäß § 155 BGB


Beim versteckten Dissens im Sinne des § 155 BGB ist den Parteien nicht bewusst, dass sie sich über einen bestimmten Vertragspunkt nicht bzw. noch nicht geeinigt haben. 




Offener Dissens gemäß § 155 BGB - Beispiel


Im Fall oben ist es den Parteien des Mietvertrages nicht bewusst, dass sie die Frage der Haustierhaltung noch regeln wollten, aber vergessen haben. 

Sehen die Parteien trotz der fehlenden Vereinbarung bezüglich der Haustierhaltung den Vertrag als geschlossen an, so soll der Vertrag insoweit wirksam sein, als anzunehmen ist, dass die Parteien den Vertrag auch ohne eine Bestimmung über die Frage der Haustierhaltung geschlossen hätten. Dies ist eine Frage der Auslegung gemäß §§ 133, 157, 242 BGB.




Auslegung vor Dissens


Bevor man zur Anwendung der §§ 154, 155 BGB gelangt, muss eine Auslegung der Willenserklärungen und des Vertrages gemäß §§ 133, 157, 242 BGB erfolgen. 

Dabei müssen die objektiven Tatbestände der Willenserklärungen und die subjektiven Tatbestände der Willenserklärungen ausgelegt werden. Wird hier festgestellt, dass die Parteien bereits im objektiven Tatbestand oder im Rahmen des Geschäftswillens einen korrespondierenden Willen haben, so ist die Anwendung der Dissens-Regeln ausgeschlossen. 

ACHTUNG: Häufiger Fehler bei der Anwendung der §§ 154, 155 BGB ist es, diese im Rahmen der Prüfung der essentialia negotii anzuwenden oder aber nicht zunächst eine präzise Auslegung der Willenserklärungen und des Vertrags vorzunehmen. 

Der Dissens im Sinne der §§ 154, 155 BGB ist selten und darf nicht vorschnell angenommen werden!


© www.jura-ghostwriter.de - Die Experten für Hausarbeiten & Mehr - Seit 1973

25. Februar 2018

Falsa Demonstratio Non Nocet - Definition - Erklärung - Fall

Falsa demonstratio non nocet - Übersetzung

Übersetzt aus dem Lateinischen bedeutet "falsa demonstratio non nocet" soviel wie: "Eine Falschbezeichnung schadet nicht". 

Falsa demonstratio non nocet - Definition

Die falsa demonstratio non nocet Regel ist eine dogmatische Rechtsfigur, die im Rahmen der Beurteilung von Rechtsgeschäften zwischen mindestens zwei Personen dem subjektiven Geschäftswillen der Parteien Vorrang gegenüber dem objektiv Erklärten einräumt.

Falsa demonstratio non nocet - Erklärung

Wenn zwei Parteien beiderseits und einheitlich einen Vertragsgegenstand objektiv falsch bezeichnen, aber subjektiv dasselbe meinen, so kommt der Vertrag bezüglich des subjektiv Gewollten zustande. Hier setzt sich die natürliche Auslegung des tatsächlichen Willens der Parteien gemäß § 133 BGB gegenüber der normativen Auslegung anhand des Verkehrsschutzes gemäß § 157 BGB (analog) durch.

Falsa demonstratio non nocet bei formbedürftigen Rechtsgeschäften - Beispiel

Fraglich ist, welche Rechtsfolgen sich bei Anwendung der falsa demonstratio non nocet Regel ergeben, wenn die Rechtsgeschäfte der Parteien formbedürftig sind. Ergibt sich aus der formgültigen Erklärung nicht der wahre Wille der Parteien, könnte insoweit der wirkliche Wille aus Verkehrsschutzgründen und Gründen des Vorranges der Formvorschriften irrelevant sein. Verkauft A dem B in notarieller Form ein Grundstück 122, wobei in Wahrheit A und B einen Verkauf des Grundstücks Nummer 123 intendieren, so ist der Wille zum Verkauf des Grundstücks Nummer 123 nicht formal gemäß § 311b I BGB festgehalten. Die herrschende Meinung hält dies für unschädlich. Alleine die Tatsache, dass die Parteien ein formbedürftiges Rechtsgeschäft über das Grundstück Nummer 122 abschließen, genüge der Warnfunktion. Die Formwahrung hinsichtlich des objektiv Erklärten soll hier also grundsätzlich ausreichen. Die falsa demonstratio Regel setzt sich damit nach herrschender Meinung auch bei formbedürftigen Rechtsgeschäften durch. Der Kaufvertrag ist damit über das Grundstück Nummer 123 geschlossen. Es muss hier allerdings beachtet werden, dass immer zwischen dem Vertragsschluss selbst und der Wirksamkeit des Vertrages streng zu unterscheiden ist. Daher kann der Kaufvertrag noch aufgrund anderer Vorschriften als nur den Formvorschriften bezüglich seiner Wirksamkeit scheitern. In Fällen der hier genannten Art sind vor allem die §§ 116 bis 118 BGB genau zu prüfen. 

Falsa demonstratio non nocet bei behördlichen Genehmigungen

Anders als im obigen Fall stellt sich die rechtliche Beurteilung dar, wenn der Grundstückskaufvertrag durch Dritte genehmigt werden muss. So beispielsweise im Falle der Notwendigkeit behördlicher Genehmigungen gemäß § 2 Grundstücksverkehrsgesetz. Zusätzlich zum Parteiwillen kommt nun der behördliche Wille hinzu und muss im Rahmen der Rechtsgeschäfte beachtet werden. Dabei kann sich eine erteilte Genehmigung naturgemäß nur auf den in der Urkunde zum Ausdruck gekommenen behördlichen Willen beziehen. In diesen Fällen kommt der Kaufvertrag zwar zustande, aber eben nur über das Grundstück Nummer 122. Die falsa-demonstratio-Regel greift hier nicht. Dies ergibt sich aus Verkehrsschutzgründen. Wenn Dritte beteiligt sind, die das Gewollte nicht erkennen können, sind diese zu schützen. Anders wäre es nur, wenn der Dritte selbst ebenfalls den Willen der Parteien trägt. Dann kann auch die falsa-demonstratio-Regel wiederum gelten. Entscheidend ist also immer der Einzelfall. Wie immer verbieten sich schematische Lösungen. Es ist immer nach dem Sinn und Zweck einer Regel zu fragen und dann im Einzelfall zu untersuchen, ob und wie die Lösung diesem Zweck am besten gerecht werden kann.

Falsa Demonstratio Non Nocet

Falsa demonstratio non nocet - Übersetzung

"Eine falsche Bezeichnung schadet nicht."

Falsa demonstratio non nocet - Bedeutung

Wenn beide Parteien im Rahmen eines Rechtsgeschäfts bewusst oder unbewusst übereinstimmend einen Begriff falsch gebrauchen, gilt das Gewollte. Grundsätzlich würde aus Verkehrsschutzgründen das objektiv Erklärte gelten. Da aber beide Parteien im Rahmen ihres Geschäftswillens übereinstimmen, bedarf es dieses Verkehrsschutzes nicht. Entgegen dem objektiv Erklärten gilt dann das subjektiv Gewollte. Gemäß dem Grundsatz der Privatautonomie ist der Wille der Parteien im Privatrecht vorrangig.

Falsa demonstratio non nocet - Beispiel - Haakjöringsköd

A und B schließen einen Vertrag über die Lieferung von Haakjöringsköd. Sowohl A als auch B gehen davon aus, dass mit Haakjöringsköd Walfischfleich gemeint ist. In Wahrheit bedeutet Haakjöringsköd aber Haifischfleisch. Der Vertrag ist aufgrund des übereinstimmenden Willens von A und B trotz der objektiven Falschbezeichnung über Walfischfleisch geschlossen worden.

Wissenswertes zur falsa-demonstratio-Regel

Diese Rechtsregel entstammt dem römischen Testamentsrecht. Bei formgebundenen Rechtsgeschäften unter Lebenden ist sie heute nur eingeschränkt anwendbar. Hier muss dann genau untersucht werden, ob die falsa-demonstratio-Regel zu einem sachgerechten Ergebnis führt.

© www.jura-ghostwriter.de

Was ist ein Dienstverhältnis im Sinne des Einkommensteuerrechts?

Legaldefinition des § 1 II LStDV beachten

Ein Dienstverhältnis im Sinne des Einkommensteuerrechts liegt gemäß der Legal-Definition des § 1 II LStDV dann vor, wenn der Angestellte bzw. Beschäftigte dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. 

Arbeitgeber in diesem Sinne können öffentlich-rechtliche Körperschaften, Unternehmer oder auch Haushaltsvorstände sein. Der Angestellte bzw. Beschäftigte, also Arbeitnehmer, schuldet seine Arbeitskraft dann dem Arbeitgeber, wenn er als für den Arbeitgeber tätige Person im Rahmen der Betätigung seines geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist.

Abgrenzung zu den Gewinneinkunftsarten

Das Tatbestandsmerkmal der Weisungsgebundenheit ist in der Regel entscheidend, wenn es um die Abgrenzung eines Arbeitnehmers im Dienstverhältnis gemäß § 19 EStG von den Gewinneinkunftsarten gemäß §§ 13, 15 und 18 EStG geht. Typisch für Land- und Forstwirte gemäß § 13 EStG, Gewerbetreibende gemäß § 15 EStG und Selbständige gemäß § 18 EStG ist ihr Handeln auf eigene Gefahr und eigene Rechnung; sie sind gerade nicht weisungsgebunden, sondern handeln in Eigenregie.

© www.jura-ghostwriter.de

Welche Gruppen von Arbeitnehmern gibt es?

Arbeitnehmer lassen sich gemäß der Definition in § 1 LStDV in zwei Gruppen unterteilen:
  • Arbeitnehmer, die aus einem gegenwärtigen öffentlichen oder privaten Dienstverhältnis Arbeitslohn beziehen. Beispiel hierfür ist eine Rechtsanwaltsfachangestellte, ein Richter an einem staatlichen Gericht oder ein an einer Universität angestellter Professor.
  • Arbeitnehmer, die aus einem früheren privaten oder öffentlichen Dienstverhältnis Arbeitslohn beziehen. Beispiel hierfür ist der pensionierte Soldat, der pensionierte Finanzbeamte oder der Steuerfachangestellte in Rente.

Wie lautet die Definition des Arbeitnehmerbegriffs des § 19 EStG?

Arbeitnehmer im Sinne des § 19 EStG sind alle natürlichen Personen, die im privaten oder öffentlichen Dienst angestellt oder beschäftigt sind oder waren und die aus diesem Dienstverhältnis oder einem früheren Dienstverhältnis Arbeitslohn beziehen. Diese Definition ist eine Legaldefinition, vgl. § 1 I 1 LStDV.


Rechtsnachfolger der oben genannten Personen

Arbeitnehmer sind auch die Rechtsnachfolger dieser Personen, soweit sie Arbeitslohn aus einem früheren Dienstverhältnis ihres Rechtsvorgängers beziehen, vgl. § 1 I 2 LStDV.

Negative Abgrenzung - Kein Arbeitnehmer

Gemäß § 1 III LStDV ist nicht Arbeitnehmer, wer Lieferungen und sonstige Leistungen innerhalb der von ihm selbständig ausgeübten gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit im Inland gegen Entgelt ausführt, soweit es sich um die Entgelte für diese Lieferungen oder sonstige Leistungen handelt. Diese Definition weist starke Bezüge zum Umsatzsteuerrecht auf. Arbeitnehmer ist daher nicht, wer sich im Sinne des § 2 UStG unternehmerisch betätigt. Wer als Arbeitnehmer in einem bestimmten Bereich gilt, kann nicht gleichzeitig Unternehmer sein und umgekehrt. Für die Abgrenzung zwischen Arbeitnehmer und Unternehmer eigenen sich die § 1 III LStDV und  § 2 UStG in ihrem Zusammenspiel hervorragend. Allerdings muss beachtet werden, dass § 1 III LStDV eine Vorschrift des Einkommensteuerrechts und § 2 UStG eine Norm des Umsatzsteuerrechts ist. Obwohl beide Rechtsgebiete in Theorie und Praxis ineinander spielen, sind sie strikt zu trennen. Soll heißen: Wer Arbeitnehmer oder Unternehmer im Sinne des Einkommensteuerrechts ist, ist nicht automatisch Arbeitnehmer oder Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuerrechts und umgekehrt.

© www.jura-ghostwriter.de

Wer bezieht Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 19 EStG?

Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit im Sinne des § 19 EStG beziehen Arbeitnehmer im Rahmen eines Dienstverhältnisses. 

Entscheidend ist damit, dass im personalen Schutzbereich des § 19 EStG nur Arbeitnehmer erfasst sind und im sachlichen Schutzbereich ein Dienstverhältnis vorliegen muss. Im Rahmen der Subsumtion eines Lebenssachverhaltes unter § 19 EStG sind diese beiden Tatbestandsmerkmale entscheidend.

Welche Einkünfte gehören zu den Überschusseinkünften?

Zu den Überschusseinkünften gehören vier Einkunftsarten:

  • Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 19 EStG wie Arbeiter, Angestellte und Beamte;
  • Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 20 EStG wie Aktien, Anleihen oder Fonds;
  • Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gemäß § 21 EStG wie Einkünfte aus Vermietung einer Wohnung oder Verpachtung eines Grundstücks und
  • Sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 EStG wie Renten, privaten Veräußerungsgeschäfte oder Abgeordnetenbezüge.

23. Februar 2018

Auslegung von Willenserklärungen

Art der Willenserklärung entscheidend

Diesen Fehler sollten Sie unbedingt vermeiden!


Bei der Auslegung von Willenserklärungen ist danach zu differenzieren, ob die Willenserklärungen empfangsbedürftig oder nicht empfangsbedürftig sind. Diese grundsätzliche Unterscheidung ist streng zu beachten, da sich die Art der Willenserklärung auch auf die Art der Auslegung der Willenserklärung auswirkt.


Die Auslegung empfangsbedürftiger Willenserklärungen

Empfangsbedürftige Willenserklärungen haben einen personalen Bezugspunkt in Form des Empfängers der Willenserklärung. Empfangsbedürftige Willenserklärungen sind daher solche Willenserklärungen, die zu ihrer Wirksamkeit einer Abgabe und eines Zugangs beim Empfänger bedürfen. An dieser Tatsache hat sich auch die Auslegung zu orientieren. Die Auslegung erfolgt deshalb anhand der §§ 133, 157 BGB (analog). Gemäß § 133 BGB ist der wirkliche Wille des Erklärenden zu ermitteln. Für die Frage, ob überhaupt eine Willenserklärung vorliegt, ist dabei § 133 BGB analog anzuwenden. § 157 BGB bringt nun den Verkehrsschutz und Vertrauensschutz des Empfängers ins Spiel. Hier wird das Verständnis des Empfängers bei der Auslegung der Willenserklärung herangezogen, allerdings objektiviert. Da § 157 BGB in seiner direkten Anwendung die Auslegung von Verträgen betrifft, muss er für die Auslegung von Willenserklärungen analog angewendet werden. Die Auslegung empfangsbedürftiger Willenserklärungen gemäß §§ 133, 157 BGB erfolgt danach, wie ein objektiver Dritter die Willenserklärung verstehen durfte und musste. Maßstab ist der objektivierte Vertrauensschutz. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von der sogenannten normativen Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont. Normativ deshalb, weil zur Auslegung gemäß § 133 BGB und dem wirklichen Willen des Erklärenden die bewertende Komponente der Objektivierung anhand des Empfängerhorizontes ergänzend herangezogen wird. Typische Beispiele für empfangsbedürftige Willenserklärungen sind Vertragsangebote, Anfechtungserklärungen oder Kündigungen. 


Die Auslegung nicht empfangsbedürftiger Willenserklärungen

Bei der Auslegung nicht empfangsbedürftiger Willenserklärungen spielt der Gedanke des Vertrauensschutzes des Erklärungsempfängers keine Rolle. Daher erfolgt die Auslegung nicht empfangsbedürftiger Willenserklärungen lediglich mittels § 133 BGB. § 157 BGB ist daher nicht anwendbar; er wird nicht benötigt. Die Auslegung erfolgt ausschließlich nach § 133 BGB. Es ist daher der echte und reine Wille des Erklärenden zu eruieren. Vermeiden Sie den häufigen Fehler, bei der Auslegung nicht empfangsbedürftiger Willenserklärungen den § 157 BGB heranzuziehen und/oder zu zitieren. Dies ist ein dogmatischer Grundlagenfehler. Wie die Erklärung eventuelle Dritte verstehen, ist irrelevant. Dabei hat die Auslegung je nach Art der Willenserklärung und der bestehenden Interessenlage auf den wahren Willen des Erklärenden abzustellen oder die objektive Erklärungsbedeutung seines Willens zu ermitteln. Die Ermittlung des wahren Willens im Rahmen der natürlichen Auslegung hat dabei grundsätzlich Priorität. Nur wenn der natürliche und wirkliche Wille nicht eindeutig herausgearbeitet werden kann, muss sekundär unter objektivierter Betrachtung interpretiert werden, was der Erklärende vernünftigerweise wohl als seinen Willen geäußert hat. Weil dies nicht ohne eine Bewertung funktioniert, spricht man von normativer Auslegung. Typische Beispiele für nicht empfangsbedürftige Willenserklärungen sind das Testament, die Auslobung oder auch die Dereliktion.

© www.jura-ghostwriter.de

22. Februar 2018

Einkommensteuerpflicht - Rechtsgrundlagen, Beispiele und Doppelbesteuerung -

Einkommensteuerpflicht - Rechtsgrundlage

Die wesentlichen Rechtsgrundlagen für die Einkommensteuer sind im Einkommensteuergesetz (EStG) normiert. Flankiert werden die Regelungen des Einkommensteuergesetzes zudem von der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV), der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung (LStDV), dem Außensteuergesetz (AStG), dem Umwandlungssteuergesetz (UmwStG) sowie den Einkommensteuerrichtlinien. 

Einkommensteuerpflicht - Wer muss Einkommensteuer bezahlen?

In § 1 EStG ist festgelegt, dass natürliche Personen der Einkommensteuer unterliegen. Natürliche Personen sind alle lebenden Menschen. Damit beginnt die Einkommensteuerpflicht mit der Geburt und endet mit dem Tode. § 1 I EStG regelt dabei zwei grundlegende Fragen. Erstens, wer überhaupt der Einkommensteuerpflicht unterliegt und zweitens, welcher Teil des Einkommens in Deutschland versteuert werden muss. Die erste Frage betrifft also die Steuerpflicht und die zweite Frage die Art der Steuerpflicht.

Einkommensteuerpflicht - Die natürliche Person

Einkommensteuer muss jede natürliche Person bezahlen. Mit dieser Festlegung sind zwei Aussagen verbunden. Die erste Aussage betrifft die subjektive Steuerpflicht. Da jede natürliche Person, also jeder Mensch, Einkommensteuer bezahlen muss, gibt es keine Ausnahme von der Einkommensteuerpflicht. Damit unterliegt jeder Menschen, der die jeweiligen Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt, der Einkommensteuerpflicht. Dabei wird nicht unterschieden zwischen Alter, Geschlecht, Beruf oder anderen Kriterien. Die zweite Aussage betrifft die Spezifizierung bezüglich der Frage, wie das Tatbestandsmerkmal "Jeder" denn nun zu interpretieren ist. Mit "Jeder" sind eben alle Menschen gemeint. 

Einkommensteuerpflicht und Juristische Personen

Im Umkehrschluss zu der Normierung, dass nur natürliche Personen der Einkommensteuer unterliegen, ergibt sich die Steuerfreiheit der Juristischen Personen wie beispielsweise der Vereine, Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) oder auch der Aktiengesellschaften (AG). Juristische Personen unterliegen zwar nicht der Einkommensteuerpflicht, dafür aber der Körperschaftsteuerpflicht. Gemäß dem Trennungsprinzip müssen die Steuerpflichten der Gesellschafter und der Körperschaften streng getrennt werden. Dabei müssen die Gesellschafter erst dann Steuern bezahlen, wenn die Körperschaften Gewinne ausschütten. Gesellschaft und Gesellschafter werden also getrennt besteuert. Sind die Gesellschafter natürliche Personen, so unterliegen sie mit ihren Einkünften der Einkommensteuer.  

Einkommensteuer und Personengesellschaften

Personengesellschaften wie die Gesellschaft Bürgerlichen Rechts gemäß (GbR) oder aber die Personenhandelsgesellschaften wie die Offene Handelsgesellschaft (OHG) oder die Kommanditgesellschaft (KG) unterliegen weder der Einkommensteuer noch der Körperschaftsteuer. Im Gegensatz zu den Juristischen Personen gilt hier das sogenannte Transparenzprinzip. Damit ist gemeint, dass die Personengesellschaft selbst kein einkommensteuerpflichtiges Steuersubjekt darstellt. Die Personengesellschaft ist damit für die Besteuerung transparent und betrifft nur die hinter der Personengesellschaft stehenden Personen als Gesellschafter. Allerdings gilt das Transparenzprinzip nicht für die Gewerbesteuer. Gemäß § 5 Gewerbesteuergesetz (GewStG) ist die Personengesellschaft im Bereich der Gewerbesteuer selbst Steuerschuldner. Eine Verlagerung der Steuerschuld von der Gesellschaft auf die Steuerschuldner erfolgt damit nicht. Die Personengesellschaft unterliegt aber nicht der Körperschaftsteuer. Dies ergibt sich aus § 1 KStG, in welchem die Personengesellschaften nicht genannt sind. Der Gewinn von Personengesellschaften wird daher von den Gesellschaftern selbst versteuert. Dies ergibt sich auch aus § 15 I Nr. 2 EStG, der die Einkünfte aus Personengesellschaft als gewerbliche Einkünfte im Sinne des Einkommensteuergesetzes qualifiziert. 

Personengesellschaft mit juristischer und natürlicher Person als Gesellschafter

Angenommen eine OHG besteht aus zwei Gesellschaftern. Gesellschafter 1 ist die natürliche Person N. Gesellschafter 2 ist die GmbH G. N und G sind je zu 50 % an der OHG beteiligt. Der Gewinn der OHG wird nun dadurch versteuert, dass die N auf ihren hälftigen Anteil Einkommensteuer und die GmbH auf den anderen hälftigen Anteil Körperschaftsteuer bezahlt. 

Arten der Einkommensteuerpflicht

Die Einkommensteuerpflicht natürlicher Personen in Deutschland ist rechtslogischerweise auf das Inland begrenzt. In  diesem Kontext unterscheidet der Gesetzgeber zwei Arten der Steuerpflicht: Die unbeschränkte und die beschränkte Steuerpflicht. 

Unbeschränkte Einkommensteuerpflicht

Unbeschränkt einkommensteuerpflichtig in Deutschland sind diejenigen natürlichen Personen, die entweder gemäß § 8 Abgabenordnung (AO) ihren Wohnsitz oder aber gemäß § 9 AO ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben. Sind diese natürlichen Personen unbeschränkt einkommensteuerpflichtig, so müssen sie ihr gesamtes Einkommen, also ihre weltweiten Einkünfte, in Deutschland versteuern. Man spricht hier vom sogenannten Welteinkommensprinzip. 

Beschränkte Steuerpflicht

Hat eine natürliche Personen weder ihren Wohnsitz im Sinne des § 8 AO noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt gemäß § 9 AO im deutschen Inland, so muss sie nicht ihr Welteinkommen in Deutschland versteuern. Zu versteuern sind dann nur die inländischen Einkünfte im Sinne des § 49 EStG. Man spricht insoweit auch vom Inlandseinkommensprinzip. 

Natürliche Personen ohne Einkommensteuerpflicht im Inland

Natürliche Personen, die weder einen Wohnsitz gemäß § 8 AO noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne des § 9 AO und auch nicht Einkünfte aus dem Inland beziehen, sind in Deutschland nicht einkommensteuerpflichtig. Hier liegen keine Einkünfte im Sinne des EStG vor. Daher gibt es auch keine Einkommensteuerpflicht.

Wohnsitz gemäß § 8 AO

Entscheidend für die unbeschränkte Steuerpflicht einer natürlichen Person ist ihr Wohnsitz im Inland. Dabei spielt die Staatsangehörigkeit keine Rolle für die Einkommensteuerpflicht. Gemäß der Legaldefinition des § 8 AO hat eine natürliche Person dort einen Wohnsitz, wo sie eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass sie diese Wohnung beibehalten und nutzen wird. Entscheidende Voraussetzungen sind damit zum einen objektiv das Innehaben einer Wohnung im Inland sowie subjektiv die Absicht, diese Wohnung auch zu benutzen und beizubehalten. Für nähere Informationen zur Auslegung des § 8 AO gibt es den Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO). Dieser richtet sich zwar nur an die Verwaltung und hat damit keine Gesetzeskraft, liefert aber wichtige Anhaltspunkte zur allgemeinen Interpretation der Abgabenordnung durch die Verwaltung. Da die Steuerverwaltung die Gesetze ausführt, anwendet und durchsetzt, kommt dieser Interpretation mittelbar eine wichtige Außenwirkung zu.

Beispiel Wohnsitz gemäß § 8 AO

Der Deutsche A wohnt auf den Malediven und besucht jedes Jahr für drei Wochen seine Mutter in Deutschland. A hat weder eine Wohnung in Deutschland inne noch hat er die Absicht, diese beizubehalten und zu benutzen. Er hat damit keinen Wohnsitz in Deutschland. A ist nicht einkommensteuerpflichtig.

Gewöhnlicher Aufenthalt gemäß § 9 AO

Neben dem Wohnsitz gemäß § 8 AO kann auch ein gewöhnlicher Aufenthalt im Sinne des § 9 AO zur unbeschränkten Einkommensteuerpflicht führen. Gemäß der Legaldefinition des § 9 AO hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt eine natürliche Person dort, wo sie sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass sie an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Dabei ist als gewöhnlicher Aufenthalt in diesem Sinne stets und von Anfang an ein zeitlich zusammenhängender Aufenthalt von mehr als sechs Monaten Dauer anzusehen. Kurzfristige Unterbrechungen dieses Aufenthaltes bleiben dabei unberücksichtigt. Ausgenommen sind davon nur Aufenthalte zu Besuchszwecken, zur Erholung, wegen einer Kur oder vergleichbaren privaten Zwecken. Dies aber auch nur dann, wenn der Aufenthalt nicht länger als ein Jahr dauert. 

Beispiel zum gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne des § 9 AO

S wohnt in der Schweiz und arbeitet täglich als Arbeitnehmer an fünf Tagen die Woche Vollzeit in Deutschland. S unterbricht seinen Aufenthalt in Deutschland täglich und hält sich damit nicht ununterbrochen in Deutschland auf. Der gewöhnliche Aufenthalt einer natürlichen Person im Inland ist zu verneinen, wenn diese natürliche Person unter Benutzung einer im Ausland gelegenen Wohnung oder Aufenthaltsstätte lediglich ihre Tätigkeit im Inland ausübt. Als Grenzgänger hat S seinen gewöhnlichen Aufenthalt und Wohnsitz im Wohnsitzstaat, also der Schweiz. Diese Interpretation vertritt auch die Finanzverwaltung, siehe § 9 Nr. AEAO.

Vermeidung der Doppelbesteuerung - DBA - Beispiel

Die unbeschränkte Steuerpflicht kann zur Folge haben, dass ein Steuersachverhalt sowohl deutsche als auch ausländische Besteuerung nach sich zieht. So beispielsweise, wenn V als Inländer in Deutschland ein Haus in Österreich vermietet. Als Inländer mit Wohnsitz in Deutschland muss er sein Welteinkommen versteuern. Damit sind die Mieteinnahmen aus dem Haus in Österreich auch in Deutschland einkommensteuerpflichtig. Zusätzlich muss V seine Einnahmen aber auch in Österreich versteuern. Diese beschränkte Einkommensteuerpflicht in Österreich führt dazu, dass V die Mieteinnahmen als österreichische Einkünfte insgesamt zweimal versteuern muss. Damit müssen dieselben Einkünfte sowohl in Deutschland als auch in Österreich versteuert werden. Man spricht in solchen Fällen von einer Doppelbesteuerung. Derlei Doppelbesteuerungen führen zu einer Doppelbelastung und können zu einer Überbelastung des Steuerpflichtigen führen, welche unangemessen ist. Deutschland hat daher zur Vermeidung solcher Doppelbesteuerungen mit vielen Staaten auf der ganzen Welt Verträge geschlossen, sogenannte Doppelbesteuerungsabkommen (DBA). In solchen Verträgen wird beispielsweise normiert, welcher Staat im Falle einer Doppelbesteuerung auf sein Besteuerungsrecht verzichtet oder wie die Besteuerung auf die beteiligten Staaten aufgeteilt werden kann. Im Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Österreich und Deutschland werden die Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen wie beispielsweise aus Vermietung und Verpachtung bezüglich des Besteuerungsrechts dem Staat zugewiesen, in welchem die vermietete Immobilie liegt. Das Besteuerungsrecht gebührt damit dem Belegenheitsstaat. Für das obige Beispiel wird damit Österreich das Besteuerungsrecht zugewiesen. Gemäß § 23 I Buchstabe a des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen Österreich und der Schweiz sind die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Österreich von der Steuer in Deutschland ausgenommen. Weiterhin unterliegen die Mieteinnahmen aus Österreich gemäß § 52 Abs. 43a S. 2 EStG i. V. m. § 32b S. 2 Nr. 3 EStG i. V. m. § 32b S. 1 Nr. 3 EStG ab dem Veranlagungszeitraum 2008 nicht mehr dem Progressionsvorbehalt. Mieteinkünfte aus Immobilien in Österreich sind damit in Deutschland komplett steuerfrei. Der Steuerpflichtige muss dabei in Deutschland auch keinen Nachweis über die Bezahlung der österreichischen Steuer oder aber Angaben über die Mieteinnahmen aus Österreich gegenüber der deutschen Finanzverwaltung machen. Für den Fall oben bedeutet dies, dass V seine Einnahmen komplett in Österreich versteuern muss.  

Abmilderung der Doppelbesteuerung bei fehlendem DBA

Da Deutschland nicht mit allen Staaten Doppelbesteuerungsabkommen geschlossen hat, gibt es mit § 34c EStG eine Vorschrift des Einkommensteuerrechts, die das Problem der Doppelbesteuerung für solche Fälle abmildert.

© www.jura-ghostwriter.de

19. Februar 2018

§ 130 II BGB und § 153 BGB: Unterschiede - Beispiele - Fälle

Wirksamkeitsvoraussetzungen einer Willenserklärung nach §§ 130 II, 153 BGB

Eine Willenserklärung bedarf zu ihrer Wirksamkeit mindestens der Abgabe, bei empfangsbedürftigen Willenserklärungen zusätzlich des Zugangs. Die §§ 130 II und 153 BGB beantworten nun die Frage, wie sich eine etwaige Geschäftsunfähigkeit oder der Tod des Absenders auf die Wirksamkeit seiner abgegebenen Willenserklärung auswirken. Dabei sind die Vorschriften ähnlich, aber doch unterschiedlich. Die genaue Differenzierung im Detail wird hier aufgezeigt.


§ 130 II BGB - Die Willenserklärung bleibt zugangsfähig

Gemäß § 130 II BGB hat es auf die Wirksamkeit einer Willenserklärung keinen Einfluss, wenn der Erklärende nach seiner Abgabe der Willenserklärung stirbt oder geschäftsunfähig wird. Die Willenserklärung bleibt daher wirksam, wenn sie nicht empfangsbedürftig ist. Liegt eine empfangsbedürftige Willenserklärung vor, so wird sie mit Zugang wirksam, falls keine anderweitigen Wirksamkeitshindernisse entgegenstehen. Damit normiert § 130 II BGB die Zugangsfähigkeit der Willenserklärung trotz nachträglicher Geschäftsunfähigkeit im Sinne des § 104 Nr. 2 BGB oder Tod des Erklärenden.


§ 130 II BGB - Beispiel

A vermietet B ein Grundstück. A kündigt dem B den Mietvertrag mit Schreiben vom 19.02. Nachdem er das Kündigungsschreiben zur Post gebracht hat, wird er am 20.02. geschäftsunfähig im Sinne des § 104 Nr. 2 BGB. Am 21.02. verstirbt A plötzlich. Die Kündigungserklärung bleibt als Willenserklärung des A trotz Geschäftsunfähigkeit und Ablebens des A gemäß § 130 II BGB zugangsfähig. Mit Zugang der Kündigungserklärung bei B wird diese wirksam.


§ 153 BGB - Das Angebot bleibt annahmefähig

Gemäß § 153 BGB wird das Zustandekommen eines Vertrages grundsätzlich nicht dadurch verhindert, dass der Antragende vor der Annahme seines Angebotes verstirbt oder geschäftsfähig wird. Eine Ausnahme besteht nur für solche Fällen, in denen ein anderer Wille des Antragenden anzunehmen ist. Damit bleibt das Angebot einer Vertragspartei auch nach deren Versterben grundsätzlich annahmefähig.  


§ 153 BGB - Beispiel

A bestellt beim Spielwarenhändler S für seinen Enkel E ein Bobby-Car. Nachdem er am 19.02. die Bestellkarte ausgefüllt in den Postkasten geworfen hat, wird er zunächst am 20.02. geisteskrank im Sinne des § 104 Nr. 2 BGB und verstirbt dann am 21.02.2018. Gemäß § 153 BGB bleibt das Angebot des A gegenüber S auch nach Eintritt der Geschäftsunfähigkeit und des Todes wirksam und damit annahmefähig. Dabei ist auch nicht anzunehmen, dass ein anderer Wille des A für den Fall seiner Geschäftsunfähigkeit oder des Todes vorhanden war, da er seinen Enkel E in jedem Falle beschenken wollte. Damit bleibt sein Angebot auf Abschluss eines Kaufvertrages im Sinne des § 433 BGB trotz Geschäftsunfähigkeit und Tod wirksam; es erlischt nicht. Voraussetzung für die Wirksamkeit des Angebotes ist jedoch, da es eine empfangsbedürftige Willenserklärung ist, sein Zugang. Das Angebot des A bleibt also auch nach Zugang bei S trotz Geschäftsunfähigkeit und Tod wirksam und annahmefähig. 


Und was ist jetzt der kleine feine Unterschied zwischen § 130 II BGB und § 153 BGB?

§ 130 BGB stellt klar, dass jede Art von Willenserklärung, ob empfangsbedürftig oder nicht, ob in einem vertraglichen Kontext als Angebot oder in jeglichem anderen Kontext, grundsätzlich nach der Abgabe durch den Erklärenden weder durch Geschäftsunfähigkeit noch Tod des Erklärenden an ihrer Wirksamkeit oder ihrem Wirksamwerden gehindert wird. § 153 BGB steht in einem systematischen Zusammenhang mit dem Zustandekommen von Verträgen und betrifft nur Willenserklärungen, die auch Angebote sind. Solche Willenserklärungen, die Angebote sind, können nach § 153 BGB auch noch nach Eintritt der Geschäftsunfähigkeit oder des Todes des Antragenden angenommen werden und einen wirksamen Vertragsschluss herbeiführen. Im obigen Beispielsfall lässt sich das sehr schön verdeutlichen. § 130 II BGB führt dazu, dass das Angebot des A auch nach Abgabe in den Rechtsverkehr gültig bleibt und wirksam werden kann, nachdem A geschäftsunfähig geworden ist und dann verstirbt. § 153 BGB stellt nun klar, dass dieses Angebot auch in einem vertraglichen Kontext annahmefähig bleibt und den Vertragsschluss ermöglichen kann. Denn der Vertrag kommt durch Angebot, Abgabe des Angebotes, Zugang des Angebotes, Annahme des Angebotes, Abgabe der Annahme und Zugang der Annahme zustande. § 130 II BGB wirkt bis auf den Zeitpunkt des Zugangs des Angebotes während § 153 BGB nach Zugang des Angebotes die Bestimmung über die Wirksamkeit quasi übernimmt. S kann damit gemäß § 153 BGB im obigen Fall das zugegangene Angebot des A annehmen und den Vertrag zustande bringen. 


Tenor: 


§ 130 II BGB normiert die Zugangsfähigkeit jeglicher Willenserklärungen, § 153 BGB regelt die Annahmefähigkeit von Angeboten.

18. Februar 2018

Kaufmännisches Bestätigungsschreiben - Fall - Anfechtung - Schema - Definition - Rechtsgrundlage

Kaufmännisches Bestätigungsschreiben Definition

Das kaufmännische Bestätigungsschreiben ist eine kurze schriftliche Affirmation bezüglich eines Vertragsschlusses und/oder des Inhaltes eines Vertrages unter Kaufleuten. 

Kaufmännisches Bestätigungsschreiben Rechtsgrundlage

Das kaufmännische Bestätigungsschreiben ist ein Rechtsinstitut des handelsrechtlichen Gewohnheitsrechts. Als Handelsbrauch ist Rechtsgrundlage § 346 HGB. Aufgrund der starken Verwandtschaft mit der Regelung des § 362 HGB kann das kaufmännische Bestätigungsschreiben teilweise auch aus § 362 HGB abgeleitet werden. Die Bestätigung von Vertragsverhandlungen gehört im Handelsrecht zu den Handelsbräuchen. Ebenso gehört der Widerspruch bei abweichender Bestätigung zu den Handelsbräuchen. Das Unterlassen eines Widerspruchs gilt kraft handelsrechtlicher Fiktion daher als Zustimmung. Eine Nichtvornahme eines Handelsbrauchs führt damit als Schweigen ausnahmsweise im Gegensatz zur allgemeinen Dogmatik im Zivilrecht zur Zustimmung. Dabei gilt das Schweigen als Zustimmung, nicht aber als Willenserklärung. Diesbezüglich wird also von der Allgemeinen Zivilrechtsdogmatik nicht abgewichen. Im Zusammenhang mit dem Kaufmännischen Bestätigungsschreiben spricht man auch von einer Rechtsscheinshaftung kraft verkehrsmäßig typisierten Verhaltens.

Kaufmännisches Bestätigungsschreiben - Sinn und Zweck

Das Kaufmännische Bestätigungsschreiben dient der Leichtigkeit und Schnelligkeit des handelsrechtlichen Rechtsverkehrs. Neben seiner Beweisfunktion soll es den Vertrauensschutz im Handelsverkehr fördern und die Kaufleute zu besonderer Sorgfalt im Zusammenhang mit der Erledigung kaufmännischer Post und Kommunikation anhalten.

Kaufmännisches Bestätigungsschreiben Fall

Kaufmann K verhandelt telefonisch mit Kaufmann V über die Lieferung von 210 Einheiten Papier zum Preis von 1.200 EUR. V versteht akustisch statt 210 Einheiten 110 Einheiten und schickt im Anschluss an die telefonischen Verhandlungen per Fax ein Bestätigungsschreiben an K, in welchem er den Vertragsschluss zwischen K und V zu 110 Einheiten zum Preis von 1.200 EUR bestätigt. K schweigt auf dieses Bestätigungsschreiben. V liefert ihm 110 Einheiten Papier und verlangt 1.200 EUR hierfür. 

Kaufmännisches Bestätigungsschreiben - Arten

Beim Kaufmännischen Bestätigungsschreiben kann man grundsätzlich drei Arten unterscheiden. Das Kaufmännische Bestätigungsschreiben mit deklaratorischer Wirkung, das Kaufmännische Bestätigungsschreiben mit konstitutiver Wirkung und das Kaufmännische Bestätigungsschreiben mit gemischt deklaratorischer und konstitutiver Wirkung. 

Kaufmännisches Bestätigungsschreiben mit deklaratorischer Wirkung

Mit deklaratorischer Wirkung ist die bestätigende Wirkung eines Rechtsvorganges gemeint. Beim deklaratorischen kaufmännischen Bestätigungsschreiben haben die Kaufleute daher vor dem Schreiben einen Vertrag geschlossen, beispielsweise mündlich wie im Fall oben. Dieser Vertragsschluss selbst sowie der Inhalt dieses Vertrages werden mittels des Kaufmännischen Bestätigungsschreibens schriftlich fixiert und bestätigt. Damit haben die Parteien den Vertragsschluss und den Inhalt des Vertrages schwarz auf weiß als Beweismittel in ihrer Hand.

Kaufmännisches Bestätigungsschreiben mit konstitutiver Wirkung

Beim kaufmännischen Bestätigungsschreiben mit konstitutiver Wirkung sind drei Arten zu unterscheiden. Die konstitutive Wirkung kann sich einerseits auf den Vertragsschluss selbst beziehen, andererseits nur auf den Inhalt oder sogar auf Vertragsschluss und Inhalt, also "Ob" und "Wie" des Vertrages. 

Kaufmännisches Bestätigungsschreiben mit konstitutiver Wirkung bezüglich des Vertragsschlusses - "Ob"

Beim Kaufmännischen Bestätigungsschreiben mit konstitutiver Wirkung bezüglich des Vertragsschlusses wird der Vertrag erst durch das Kaufmännische Bestätigungsschreiben geschlossen. Dabei haben die vorherigen Vertragsverhandlungen noch zu keinem Vertragsschluss geführt; jedenfalls aus Sicht mindestens einer Partei. Die andere Partei hingegen ging aber von einem Vertragsschluss aus. Wenn diese Partei nun diesen vermeintlichen Vertragsschluss mittels eines Kaufmännischen Bestätigungsschreibens schriftlich bestätigt und die andere Partei diesbezüglich schweigt, kommt der Vertrag zustande. Daher kommt der Begriff "konstitutives Kaufmännisches Bestätigungsschreiben", weil in diesem Fall das Kaufmännische Bestätigungsschreiben vertragsbegründend, also konstitutiv, wirkt.

Kaufmännisches Bestätigungsschreiben mit konstitutiver Wirkung bezüglich des Inhalts eines bereits geschlossenen Vertrages - "Wie"

Beim Kaufmännischen Bestätigungsschreiben mit konstitutiver Wirkung bezüglich des Inhalts eines bereits geschlossenen Vertrages gehen die Parteien davon aus, dass der Vertrag geschlossen ist. Allerdings weichen der Inhalt des bereits geschlossenen Vertrages und die im Kaufmännischen Bestätigungsschreiben aufgeführten Vertragsinhalte voneinander ab. Schweigt nun eine Partei auf dieses Kaufmännische Bestätigungsschreiben, dann kommt der Vertrag mit dem Inhalt des Kaufmännischen Bestätigungsschreibens zustande. Diesbezüglich ist das Kaufmännische Bestätigungsschreiben dann konstitutiv, also begründend bezüglich der geltenden Vertragsinhalte. 

Kaufmännisches Bestätigungsschreiben mit konstitutiver Wirkung bezüglich des "Ob" und des "Wie" eines Vertrages

Die dritte Form des Kaufmännischen Bestätigungsschreibens mit konstitutiver Wirkung ergibt sich aus einer Kombination der beiden oben beschriebenen Formen. Hier wirkt das Kaufmännische Bestätigungsschreiben sowohl rechtsbegründend bezüglich des Vertragsschlusses als auch bezüglich des Vertragsinhalts. Auch hier führt das Schweigen einer Partei zur Begründung des Vertragsschlusses und der Fixierung des Vertragsinhalts so im wie Kaufmännischen Bestätigungsschreiben aufgeführt.

Kaufmännisches Bestätigungsschreiben - Schema

Die Tatbestandsvoraussetzungen des Kaufmännischen Bestätigungsschreibens bestehen aus persönlichen und sachlichen Tatbestandsmerkmalen. 

Persönlicher Anwendungsbereich des Kaufmännischen Bestätigungsschreibens


Absender des Kaufmännischen Bestätigungsschreibens

Der Absender des Kaufmännischen Bestätigungsschreibens muss Kaufmann sein oder zumindest ähnlich einem Kaufmann in größerem Umfang am Geschäftsleben teilnehmen. Dahinter steckt der Gedanke, dass beim Absender zumindest ein kaufmännisches Verhalten erwartet werden können muss. Diese Voraussetzungen erfüllen nicht nur Kaufleute im Sinne der §§ 1 ff. HGB, sondern auch beispielsweise Angehörige der Freien Berufe wie Architekten, Steuerberater oder Rechtsanwälte. Auch Unternehmen des Staates sind hier vom persönlichen Anwendungsbereich erfasst. Umstritten ist, ob der Absender auch ein Privatmann sein darf. Obwohl dies im Einzelfall zu angemessenen Ergebnissen führen kann, ist diese Auffassung grundsätzlich abzulehnen. Schon alleine vom Wortlaut her "Kaufmännisches Bestätigungsschreiben" setzt das Handeln einen geschäftlichen Kontext und eben keinen privaten Kontext voraus. Nach Sinn und Zweck dient das Kaufmännische Bestätigungsschreiben der Schnelligkeit und Leichtigkeit im Rechtsverkehr. Privatleute agieren aber grundsätzlich als Verbraucher und nicht als Unternehmer. Daher muss aus teleologischen und systematischen Gründen der Privatmann grundsätzlich aus dem persönlichen Anwendungsbereich des Kaufmännischen Bestätigungsschreibens herausgehalten werden. 

Empfänger des Kaufmännischen Bestätigungsschreibens

Der Empfänger eines Kaufmännischen Bestätigungsschreibens muss Kaufmann sein oder zumindest ähnlich einem Kaufmann in größerem Umfang am Geschäftsleben teilnehmen. Auch hier muss wiederum kaufmännisches Verhalten im weiteren Sinne erwartet werden können. Es gelten die zum Absender des Kaufmännischen Bestätigungsschreibens genannten Anforderungen. Im Gegensatz zum Absender wird hier aber nicht darum gestritten, ob auch Privatleute vom subjektiven Anwendungsbereich erfasst sein können. Der Verbraucherschutz hat hier eindeutig Vorrang. Der Privatmann soll daher vor den weitreichenden konstitutiven und deklaratorischen Wirkungen des Kaufmännischen Bestätigungsschreiben geschützt werden. Während der Privatmann als Absender auch von den Wirkungen des Kaufmännischen Bestätigungsschreibens profitieren und man daher teilweise auch die Anwendung vertreten kann, überwiegen beim Absender die Nachteile des Kaufmännischen Bestätigungsschreibens mit seinen weitreichenden Rechtsfolgen für den Empfänger. 

Sachlicher Anwendungsbereich des Kaufmännischen Bestätigungsschreibens


Vorausgegangene Vertragsverhandlungen zwischen den Parteien

Bevor es zu einer Bestätigung eines Vertrages kommen kann, müssen naturgemäß zunächst Vertragsverhandlungen zwischen den Parteien geführt worden sein. Dabei ist es unerheblich, in welcher Form diese Verhandlungen geführt worden sind. Erfasst sind damit mündliche, fernmündliche, schriftliche, fernschriftliche, per E-Mail geführte oder auch in jeder anderen Form geführte Vertragsverhandlungen. 

Vorausgegangene Vertragsverhandlungen führten aus der Sicht des Absenders zu einem Vertragsschluss

Diese Vertragsverhandlungen der Parteien müssen aus der Sicht des Absenders auch zu einem Vertragsschluss geführt haben. Es genügt daher nicht, wenn der Absender selbst lediglich davon ausgeht, dass die Verhandlungen ergebnislos verliefen. Der Absender muss subjektiv davon überzeugt sein, dass der Vertrag im Rahmen der Verhandlungen geschlossen wurde. Dabei muss sich diese subjektive Überzeugung anhand objektiver Kriterien überprüfen lassen. Rein subjektive Überzeugungen ohne eine objektive Tatsachenbasis sind jedenfalls nicht ausreichend. Es sind Belege dafür notwendig, warum der Absender unter vernünftigen Erwägungen von einem Vertragsschluss ausging und auch ausgehen konnte und durfte. Hier besteht auch der Unterschied zur Auftragsbestätigung, die in der Regel die Annahme eines Angebotes bezeichnet. Durch die Auftragsbestätigung kommt also der Vertrag erst zustande während beim Kaufmännischen Bestätigungsschreiben der Absender davon ausgeht, dass der Vertrag bereits geschlossen wurde. Trotz der subjektiven Vorstellung des Absenders davon, dass bereits ein Vertrag vor Absendung des Kaufmännischen Bestätigungsschreiben geschlossen wurde, muss dies nicht den Tatsachen entsprechen. Ist der Vertrag entgegen der Vorstellung des Absenders noch nicht geschlossen worden, so kann das Kaufmännische Bestätigungsschreiben konstitutiv sein. In diesem Fall kommt durch das Schweigen des Empfängers und Adressaten der Vertrag zustande; das Kaufmännische Bestätigungsschreiben wirkt dann quasi wie ein Angebot, das durch Schweigen zum Vertrag wird. 

Eindeutige und bestimmte Abfassung des Kaufmännischen Bestätigungsschreibens

Das Kaufmännische Bestätigungsschreiben muss eindeutig und bestimmt abgefasst sein, so dass der Vertragsinhalt klar ersichtlich ist. Damit sind zumindest die essentialia negotii des Vertrages hinreichend klar zu fixieren. Auch eventuelle weitere Nebenabreden, die accidentalia negotii, sind eindeutig, klar und bestimmt aufzuführen. 

Kaufmännisches Bestätigungsschreiben folgt zeitlich unmittelbar auf die Vertragsverhandlungen

Das Kaufmännische Bestätigungsschreiben dient der Leichtigkeit, Schnelligkeit und Beschleunigung des Rechtsverkehrs im geschäftlichen Bereich. Daher wird vom Absender gefordert, dass er das Kaufmännische Bestätigungsschreiben zeitnah nach Abschluss der Verhandlungen an den Adressaten und Empfänger versendet. Was unter "unmittelbar" zeitlich zu verstehen ist, ergibt sich im Einzelfall aus den konkreten Umständen. Dies hängt ab von den Parteien und deren Geschäftsbeziehung, den Gepflogenheiten der Branche, der Komplexität des Vertrages und weiteren Parametern. In der Regel kann man davon ausgehen, dass ein Zeitfenster von 24-48 Stunden eingehalten werden muss. Ein Überschreiten des jeweils zutreffenden Zeitfensters macht das Kaufmännische Bestätigungsschreiben unwirksam bzw. ist nicht mehr als solches einzuordnen. Dann ist das Kaufmännische Bestätigungsschreiben eventuell umzudeuten in ein Angebot an den Adressaten. 

Abgabe des Kaufmännischen Bestätigungsschreibens durch den Absender

Die Abgabe des Kaufmännischen Bestätigungsschreibens muss durch den Absender erfolgen. Dabei können auch Dritte involviert sein. Allerdings müssen diese der Sphäre des Empfängers zuzurechnen sein. Das heißt, dass der Absender nicht in persona das Kaufmännische Bestätigungsschreiben losschicken, er aber die Kontrolle über den Absendevorgang haben muss. Geeignete Dritte können daher Stellvertreter, Boten und andere geeignete Personen im Geschäft des Absenders sein. 

Zugang des Kaufmännischen Bestätigungsschreibens beim Empfänger

Das Kaufmännische Bestätigungsschreiben muss an den Partner der vorausgegangenen Verhandlungen adressiert sein. Diesem muss das Kaufmännische Bestätigungsschreiben zugehen. Auch beim Zugang können selbstverständlich vom Empfänger Dritte eingesetzt werden wie beispielsweise Empfangsvertreter, Empfangsboten oder auch andere geeignete Personen. Wichtig ist, dass der Zugang in den Herrschaftsbereich des Empfängers sichergestellt wird, so dass auch mit der Kenntnisnahme durch den richtigen Empfänger gerechnet werden darf. 

Keine wesentliche Abweichung zwischen Vertragshandlung und Kaufmännischem Bestätigungsschreiben

Das Kaufmännische Bestätigungsschreiben intendiert grundsätzlich die schriftliche Fixierung und Bestätigung eines zuvor geschlossenen Vertrages. Daher muss das Kaufmännische Bestätigungsschreiben auf die vorangegangenen Verhandlungen Bezug nehmen und darf nicht so schwerwiegend davon abweichen, dass der Absender redlicherweise nicht mehr mit einer Genehmigung des Empfängers rechnen konnte. Ein gewisser Abweichungsspielraum ist dabei möglich, darf aber nicht überschritten werden. Die Grenzen sind im Einzelfall unterschiedlich und fließend. 

Kein unverzüglicher Widersprich des Empfängers des Kaufmännischen Bestätigungsschreibens

Nicht nur der Absender muss in der Regel ein straffes Zeitfenster von 24 bis 48 Stunden einhalten. Auch der Empfänger hat der Schnelligkeit und Leichtigkeit des Geschäftsverkehrs Rechnung zu tragen. Will der Empfänger dem Kaufmännischen Bestätigungsschreiben also widersprechen, so hat er dies unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern im Sinne des § 121 BGB, zu tun.  Je nach Sachverhaltskonstellation sind hierbei grundsätzlich 3 Tage bis maximal 1 Woche als Zeitfenster anzusetzen. In Ausnahmefällen können je nach Komplexität des Falles auch längere Zeitfenster gewährt werden. Erfolgt innerhalb des grundsätzlichen Zeitrahmens von 3 bis 7 Tagen kein unverzüglicher Widerspruch des Empfängers, so ist das Kaufmännische Bestätigungsschreiben wirksam. Sein Schweigen ist dann als Genehmigung des Kaufmännischen Bestätigungsschreibens zu interpretieren bzw. zu fingieren. 

Schutzwürdigkeit und Redlichkeit des Absenders eines Kaufmännischen Bestätigungsschreibens

Da Schweigen grundsätzlich keinen Erklärungswert hat, aber beim Kaufmännischen Bestätigungsschreiben eine Ausnahme gemacht wird, muss der Absender bezüglich Vertragsschluss und Vertragsinhalt des Kaufmännischen Bestätigungsschreibens subjektiv und objektiv redlich und schutzwürdig sein. Abschließend ist daher nochmals eine Kontrolle diesbezüglich vorzunehmen. Nur wenn der Absender auch schutzwürdig ist, dürfen die Ausnahme-Wirkungen des Kaufmännischen Bestätigungsschreibens auch eintreten. 

Kaufmännisches Bestätigungsschreiben - Rechtsfolge

Hinsichtlich der Rechtsfolgen ist zu differenzieren, ob es sich um ein konstitutives oder deklaratorisches Kaufmännisches Bestätigungsschreiben handelt. 

Deklaratorisches Kaufmännisches Bestätigungsschreiben - Rechtsfolge

Beim deklaratorischen Kaufmännischen Bestätigungsschreiben entspricht der Inhalt des Kaufmännischen Bestätigungsschreibens dem Inhalt der vorangegangenen Vertragsverhandlungen. Der bereits vorher zustande gekommene Vertrag wird im Rahmen des Kaufmännischen Bestätigungsschreibens also lediglich bestätigt. Sinn und Zweck eines solchen Kaufmännischen Bestätigungsschreibens ist die Beweissicherung. Die Parteien haben damit den Vertragsschluss und Vertragsinhalt schwarz auf weiß vor sich und damit formelle Klarheit über das "Ob" und das "Wie" des Vertrages. 

Konstitutives Kaufmännisches Bestätigungsschreiben - Rechtsfolge

Beim konstitutiven Kaufmännischen Bestätigungsschreiben entspricht der Inhalt des Kaufmännischen Bestätigungsschreibens nicht dem Inhalt der vorangegangenen Vertragsverhandlungen. Der Vertrag kommt damit erst durch das Kaufmännische Bestätigungsschreiben zustande. Zusätzlich wird der Inhalt des Vertrages erstmalig durch das Kaufmännische Bestätigungsschreiben verbindlich festgelegt. Sinn und Zweck eines solchen Kaufmännischen Bestätigungsschreibens ist damit die Vertragsbegründung. Die Parteien schließen damit einen Vertrag und legen so Vertragsschluss und Vertragsinhalt rechtsverbindlich fest. Das "Ob" und das "Wie" des Vertrages werden auf diese Weise für beide Parteien verbindlich.

Sinn und Zweck eines Kaufmännischen Bestätigungsschreibens

Das Rechtsinstitut des Kaufmännischen Bestätigungsschreibens dient der Leichtigkeit, Schnelligkeit und Sicherheit des Geschäftsverkehrs. Jegliche Unsicherheiten bezüglich Fragen des Vertragsschlusses und des Vertragsinhaltes sollen damit vermieden werden. Dies dient der Klarheit und Rechtssicherheit. Insbesondere im Handelsrecht möchte man damit dem gebotenen Vertrauensschutz und Verkehrsschutz gerecht werden.

Abgrenzung des Kaufmännischen Bestätigungsschreibens von der Auftragsbestätigung

Das Kaufmännische Bestätigungsschreiben wird häufig nicht als solches bezeichnet. Wenngleich der Wortlaut immer den Ausgangspunkt einer Interpretation bildet und den Rahmen einer Auslegung festlegt, ist nicht am Wortlaut alleine festzuhalten. Um die Intentionen der Parteien festzulegen, sind letzten Endes nicht nur die Bezeichnungen im Geschäftsverkehr entscheidend, sondern der dahinter stehende Wille zu bestimmen. Daher ist es auch nicht schädlich, dass das Kaufmännische Bestätigungsschreiben im Rechtsverkehr häufig als Auftragsbestätigung bezeichnet wird. Mit Auftragsbestätigung ist aber eigentlich die Annahme eines Angebotes gemeint. Daher ist es aus Sicht des Absenders zu klären, ob er bereits von einem Vertragsschluss ausgegangen ist (Kaufmännisches Bestätigungsschreiben) oder aber die Annahme eines Angebotes intendiert ("echte" Auftragsbestätigung). Die formale Bezeichnung eines Schreibens des Absenders ist daher also nur als Ausgangspunkt für die weitere Herausarbeitung des intendierten Rechtsfolgewillens anzusehen. 

Anfechtung eines Kaufmännischen Bestätigungsschreibens

Bei Irrtümern im Kontext des Kaufmännischen Bestätigungsschreibens stellt sich die Frage der Anfechtung gemäß §§ 119 ff. BGB. In direkter Anwendung gelten die Anfechtungsregeln jedoch nur für Willenserklärungen. Das Schweigen auf ein Kaufmännisches Bestätigungsschreiben ist jedoch keine Willenserklärung, sondern ein handelsrechtlicher Zurechnungstatbestand. Somit können die Anfechtungsregeln gemäß §§ 119 ff. BGB auch nicht direkt auf das Kaufmännische Bestätigungsschreiben angewendet werden. Umstritten ist jedoch, ob nicht eine analoge Anwendung der Anfechtungsregeln gemäß §§ 119 ff. BGB auf das Kaufmännische Bestätigungsschreiben in Betracht kommt. Dabei ist die Anfechtung eines Vertragsschlusses wegen Irrtums über die Bedeutung des Schweigens im Handelsverkehr nach Sinn und Zweck ausgeschlossen. Nur eine Anfechtung wegen inhaltlicher Irrtümer im Zusammenhang mit dem geschlossenen Vertrag könnte eine analoge Anwendung der §§ 119 ff. BGB rechtfertigen. Beim Kaufmännischen Bestätigungsschreiben trifft den Empfänger die Obliegenheit, den Vertragsinhalt zu überprüfen. Bei fehlender oder fahrlässiger Prüfung kommt der Vertrag mit dem Inhalt des Kaufmännischen Bestätigungsschreibens zustande. Aus Rechtsschutzgründen spricht daher viel für eine Verneinung der Anfechtungsmöglichkeit. Denn bei einer klassischen Anfechtung irrt der Anfechtende nicht über die Rechtsfolgen einer Willenserklärung, sondern über den Inhalt der Willenserklärung selbst. Beim Schweigen auf ein Kaufmännisches Bestätigungsschreiben irrt sich der Empfänger aber nicht über den Inhalt einer Willenserklärung, sondern über die Rechtsfolgen seines Schweigens. Nach ganz herrschender Meinung und der Allgemeinen Dogmatik ist ein solcher Irrtum jedoch irrelevant. Dies kommt einem Subsumtionsirrtum gleich und dieser ist grundsätzlich unbeachtlich. Wäre es anders, könnte jeder sich Irrende damit exkulpieren, dass er das Recht nicht gekannt hat. Bei der Komplexität der Rechtsordnung wäre damit die generelle Konfusion sicher, Rechtssicherheit quasi damit unmöglich. Im Ergebnis ist eine Anfechtung des Schweigens und damit des Kaufmännischen Bestätigungsschreibens abzulehnen.

Problempunkt sich kreuzender Kaufmännischer Bestätigungsschreiben

Fraglich ist, wie der Fall zu behandeln ist, wenn sich beide Parteien jeweils wechselseitige Kaufmännische Bestätigungsschreiben zusenden. Insoweit sich solche kreuzende Kaufmännische Bestätigungsschreiben widersprechen, kann kein schutzwürdiges Vertrauen entstehen. In solchen Fällen ist damit die schriftliche Fixierung als gescheitert zu betrachten. Keines der Kaufmännischen Bestätigungsschreiben kann damit weder konstitutiv noch deklaratorische Wirkungen entfalten. Für die Feststellung des Vertragsschlusses und/oder des Vertragsinhaltes muss dann auf andere Beweismittel zurückgegriffen werden. Die Kaufmännischen Bestätigungsschreiben sind in solchen Fällen jedenfalls untaugliche Beweismittel. Bei sich widersprechenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen werden nur die übereinstimmenden Klauseln wirksam. Bei identischen Kaufmännischen Bestätigungsschreiben sind Vertragsschluss und Vertragsinhalt eindeutig bestimmt und damit gültig.

Dritte auf Empfängerseite beim Kaufmännischen Bestätigungsschreiben

Auf Empfängerseite können neben der eigentlichen Partei auch Empfangsvertreter, Empfangsboten und andere Dritte eingeschaltet werden. Insoweit die Tatbestandsvoraussetzungen für solche Rechtsfiguren vorliegen kann auch die Rechtsfolge der Zurechnung zur Empfängerseite erfolgen. Unzulänglichkeiten auf Seiten der Empfängerseite gehen insoweit zu Lasten desjenigen, der Dritte legitimiert. Bei Kommunikationsschwierigkeiten zwischen Dritten auf Empfängerseite und dem  eigentlichen Empfänger hat der Empfänger die Nachteile zu tragen. Dies kann sogar so weit führen, dass das Schweigen auf ein Kaufmännisches Bestätigungsschreiben auch dann zum Zustandekommen eines Vertrages führt, wenn für den Empfänger des Schreibens bereits bei den Vertragsverhandlungen ein vollmachtloser Stellvertreter aufgetreten ist, vgl. BGH NJW 2007, S. 987.

Häufiger Fehler im Kontext des Kaufmännischen Bestätigungsschreibens

Abschließend wird auf einen häufigen Fehler im Zusammenhang mit dem Kaufmännischen Bestätigungsschreiben und dem damit verbundenen Schweigen und dessen dogmatischer Einordnung hingewiesen. Das Schweigen im Rahmen des Kaufmännischen Bestätigungsschreibens wird häufig als Beispiel dafür verwendet, dass ein Fall einer Willenserklärung in Form des Schweigens vorliege. Dies ist aber nicht korrekt. Das Schweigen beim Kaufmännischen Bestätigungsschreiben ist vielmehr keine Willenserklärung, sondern ein Zurechnungstatbestand aufgrund Handelsbrauch. Dass dieses Schweigen am Ende auch die Rechtsfolgen auslösen kann wie eine wirksame Willenserklärung, macht das Schweigen selbst aber nicht zur Willenserklärung. Insoweit ist auf eine strenge Differenzierung im Detail zu achten.

© www.jura-ghostwriter.de

14. Februar 2018

Willenserklärung - Wirksamkeit - Prüfungsschema

Bildung eines Willens mit rechtsgeschäftlichem Inhalt - Bildung einer Willenserklärung



  1. Objektiver Tatbestand der Willenserklärung
  2. Subjektiver Tatbestand der Willenserklärung
  • Handlungswille
  • Erklärungsbewusstsein
  • Geschäftswille 


Erklärung des gebildeten Willens nach außen - Abgabe der Willenserklärung, § 130 BGB



  1. Nicht empfangsbedürftige Willenserklärungen: Entäußerung in den Rechtsverkehr, z. B. Testament oder Auslobung
  2. Empfangsbedürftige Willenserklärungen: Entäußerung in den Rechtsverkehr in Richtung des Empfängers, z. B. Angebot zum Abschluss eines Vertrages oder Kündigung eines Vertrages 


Zugang der Willenserklärung beim Erklärungsempfänger, § 130 BGB



  1. Zugang schriftlicher Willenserklärungen
  2. Zugang mündlicher Willenserklärungen
  3. Zugang andersartiger Willenserklärungen
  4. Zugang unter Anwesenden
  5. Zugang unter Abwesenden
  6. Zugang bei Geschäftsfähigen, § 131 BGB
  7. Zugang bei beschränkt Geschäftsfähigen, § 131 BGB


Widerruf der Willenserklärung, § 130 I 2 BGB



  1. Vor dem Zugang beim Empfänger
  2. Gleichzeitig mit dem Zugang beim Empfänger


Geschäftsfähigkeit des Erklärenden, § 104 ff. BGB


Einhaltung der Formvorschriften, §§ 125 ff. BGB


Kein gesetzliches Verbot, § 134 BGB


Keine Sittenwidrigkeit, § 138 BGB


Geheimer Vorbehalt gemäß § 116 S. 2 BGB


Scheingeschäft gemäß § 117 BGB


Mangel der Ernstlichkeit gemäß § 118 BGB


Anfechtung gemäß §§ 119 ff. BGB i.V.m. § 142 I BGB


Unwirksames Strafversprechen gemäß § 344 BGB


Nichtigkeit eines Strafversprechens bei Ehe gemäß § 1297 II BGB


Sonstige Nichtigkeitsgründe



  1. Vertragliche
  2. Gesetzliche


Erläuterung des Prüfungsschemas


Willenserklärung als Grundform juristischen Handelns und wichtigste Handlungsform

Eine der Grundformen der juristischen Handlungsformen ist die Willenserklärung. Willenserklärungen bestehen, das ergibt sich bereits aus dem Wortlaut, aus einem Willen und der Erklärung dieses Willens, also aus einem subjektiven und einem objektiven Tatbestand. Damit Willenserklärungen wirksam werden, müssen sie abgegeben werden und bei empfangsbedürftigen Willenserklärungen auch zugehen. Der Zugang einer empfangsbedürftigen Willenserklärung kann mittels vorherigen oder gleichzeitigen Widerrufs verhindert werden, siehe § 130 I 2 BGB. 


Der Widerruf einer Willenserklärung ist selbst eine Willenserklärung

Der Widerruf einer Willenserklärung ist selbst auch eine Willenserklärung. Daher gelten für die Widerrufserklärung auch die Regeln über Willenserklärungen. Die Willenserklärung wird also beim Widerruf mittels einer Willenserklärung vernichtet. Der Widerruf bildet den actus contrarius zur primären, also der zu widerrufenden Willenserklärung als actus primus. Der actus contrarius teilt damit die Rechtsnatur des actus primus. 


Abgabe und Zugang bei Geschäftsfähigen und beschränkt Geschäftsfähigen

Trotz Zugangs der Willenserklärung ist sie unwirksam oder schwebend unwirksam, wenn sie von einem Geschäftsunfähigen oder beschränkt Geschäftsfähigen abgegeben wurde beziehungsweise einem Geschäftsfähigen oder beschränkt Geschäftsfähigen zugeht. Ausnahmsweise liegt ein wirksamer Zugang nur dann vor, wenn die Willenserklärung dem beschränkt Geschäftsfähigen einen rechtlichen Vorteil bringt oder zumindest rechtlich neutral für ihn ist. 


Zugang der Willenserklärung bei E-Mail

Ein Spezialfall des Zugangs ist bei E-Mails zu beachten. Hier gilt eine Nachricht dann als zugegangen, wenn sie sich 24 Stunden lang in der Mailbox des Empfängers befindet, vgl. Musielak/Hau, Grundkurs BGB, 15. Auflage, Randnummer 75 mit weiteren Nachweisen. Der tatsächliche Zugang kann natürlich schon früher erfolgen. Teilweise wird sogar vertreten, dass E-Mails bereits am Versendungstag zugehen, vgl. Dieter Leipold, BGB I, Einführung und Allgemeiner Teil, 9. Auflage, Rn. 414.


Willenserklärung und Form


Grundsätzlich sind Willenserklärungen formfrei. Es kann sich aber aus vertraglicher Vereinbarung oder gesetzlicher Anordnung ergeben, dass zur Wirksamkeit der Willenserklärung eine bestimmte Form eingehalten werden muss. Gemäß § 125 BGB führt ein Verstoß gegen solche Formvorschriften zur Nichtigkeit der Willenserklärung. Die Formvorschriften schränken die Privatautonomie und die Handlungsfreiheit der Parteien ein. Sinn und Zweck sowie Hintergrund dieser Formvorschriften können vielfältig sein. In der Regel stecken dahinter die Belehrungsfunktion bei Einschaltung eines Notars, die Beweisfunktion, die Klarstellungsfunktion und die Warnfunktion. Nachträgliche Veränderungen oder Ergänzungen sind dann ebenfalls in der Regel formbedürftig.


Willenserklärungen bei gesetzlichem Verbot


Der Verstoß gegen gesetzliche Verbote führt ebenfalls in der Regel zur Nichtigkeit einer Willenserklärung. Der Gesetzgeber will bestimmte Willenserklärungen verhindern und ordnet daher deren Nichtigkeit an. Das gesetzliche Verbot führt aber nicht immer zur Nichtigkeit der Willenserklärung. Es ist dabei immer genau zu untersuchen, was die Interpretation der Verbotsnorm bewirkt. Hierbei sind Wortlaut, Sinn und Zweck, Systematik, Historie und Genetik sowie Verfassungsrecht und Europarecht zu beachten. So führt beispielsweise der Verstoß gegen das Ladenschlussgesetz nicht zur Nichtigkeit eines Kaufvertrages. Ein Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz führt aber sehr wohl zum Verstoß des Beratungsvertrages. Der Einzelfall ist, wie immer, entscheidend. Es zählt nicht nur das Ergebnis, sondern auch die Begründung. 


Vernichtung der Willenserklärung durch Anfechtung


Die nachträgliche Nichtigkeit der Willenserklärung kann durch Anfechtung erfolgen. Dabei sind Willensmängel bei der Erklärung oder beim Inhalt der Willenserklärung maßgeblich. Die Nichtigkeit ergibt sich aus § 142 I BGB. Der Anfechtende muss in der Regel dem schutzwürdigen Empfänger Schadensersatz gemäß § 122 BGB bezahlen, und zwar verschuldensunabhängig. 

Erfüllbarkeit - Definition und Erklärung für die Hausarbeit

Die Erfüllbarkeit wird häufig missverstanden. Umso wichtiger ist es, dass Sie sich diese Erklärung und Definition der Jura Ghostwriter für...