19. Februar 2018

§ 130 II BGB und § 153 BGB: Unterschiede - Beispiele - Fälle

Wirksamkeitsvoraussetzungen einer Willenserklärung nach §§ 130 II, 153 BGB

Eine Willenserklärung bedarf zu ihrer Wirksamkeit mindestens der Abgabe, bei empfangsbedürftigen Willenserklärungen zusätzlich des Zugangs. Die §§ 130 II und 153 BGB beantworten nun die Frage, wie sich eine etwaige Geschäftsunfähigkeit oder der Tod des Absenders auf die Wirksamkeit seiner abgegebenen Willenserklärung auswirken. Dabei sind die Vorschriften ähnlich, aber doch unterschiedlich. Die genaue Differenzierung im Detail wird hier aufgezeigt.


§ 130 II BGB - Die Willenserklärung bleibt zugangsfähig

Gemäß § 130 II BGB hat es auf die Wirksamkeit einer Willenserklärung keinen Einfluss, wenn der Erklärende nach seiner Abgabe der Willenserklärung stirbt oder geschäftsunfähig wird. Die Willenserklärung bleibt daher wirksam, wenn sie nicht empfangsbedürftig ist. Liegt eine empfangsbedürftige Willenserklärung vor, so wird sie mit Zugang wirksam, falls keine anderweitigen Wirksamkeitshindernisse entgegenstehen. Damit normiert § 130 II BGB die Zugangsfähigkeit der Willenserklärung trotz nachträglicher Geschäftsunfähigkeit im Sinne des § 104 Nr. 2 BGB oder Tod des Erklärenden.


§ 130 II BGB - Beispiel

A vermietet B ein Grundstück. A kündigt dem B den Mietvertrag mit Schreiben vom 19.02. Nachdem er das Kündigungsschreiben zur Post gebracht hat, wird er am 20.02. geschäftsunfähig im Sinne des § 104 Nr. 2 BGB. Am 21.02. verstirbt A plötzlich. Die Kündigungserklärung bleibt als Willenserklärung des A trotz Geschäftsunfähigkeit und Ablebens des A gemäß § 130 II BGB zugangsfähig. Mit Zugang der Kündigungserklärung bei B wird diese wirksam.


§ 153 BGB - Das Angebot bleibt annahmefähig

Gemäß § 153 BGB wird das Zustandekommen eines Vertrages grundsätzlich nicht dadurch verhindert, dass der Antragende vor der Annahme seines Angebotes verstirbt oder geschäftsfähig wird. Eine Ausnahme besteht nur für solche Fällen, in denen ein anderer Wille des Antragenden anzunehmen ist. Damit bleibt das Angebot einer Vertragspartei auch nach deren Versterben grundsätzlich annahmefähig.  


§ 153 BGB - Beispiel

A bestellt beim Spielwarenhändler S für seinen Enkel E ein Bobby-Car. Nachdem er am 19.02. die Bestellkarte ausgefüllt in den Postkasten geworfen hat, wird er zunächst am 20.02. geisteskrank im Sinne des § 104 Nr. 2 BGB und verstirbt dann am 21.02.2018. Gemäß § 153 BGB bleibt das Angebot des A gegenüber S auch nach Eintritt der Geschäftsunfähigkeit und des Todes wirksam und damit annahmefähig. Dabei ist auch nicht anzunehmen, dass ein anderer Wille des A für den Fall seiner Geschäftsunfähigkeit oder des Todes vorhanden war, da er seinen Enkel E in jedem Falle beschenken wollte. Damit bleibt sein Angebot auf Abschluss eines Kaufvertrages im Sinne des § 433 BGB trotz Geschäftsunfähigkeit und Tod wirksam; es erlischt nicht. Voraussetzung für die Wirksamkeit des Angebotes ist jedoch, da es eine empfangsbedürftige Willenserklärung ist, sein Zugang. Das Angebot des A bleibt also auch nach Zugang bei S trotz Geschäftsunfähigkeit und Tod wirksam und annahmefähig. 


Und was ist jetzt der kleine feine Unterschied zwischen § 130 II BGB und § 153 BGB?

§ 130 BGB stellt klar, dass jede Art von Willenserklärung, ob empfangsbedürftig oder nicht, ob in einem vertraglichen Kontext als Angebot oder in jeglichem anderen Kontext, grundsätzlich nach der Abgabe durch den Erklärenden weder durch Geschäftsunfähigkeit noch Tod des Erklärenden an ihrer Wirksamkeit oder ihrem Wirksamwerden gehindert wird. § 153 BGB steht in einem systematischen Zusammenhang mit dem Zustandekommen von Verträgen und betrifft nur Willenserklärungen, die auch Angebote sind. Solche Willenserklärungen, die Angebote sind, können nach § 153 BGB auch noch nach Eintritt der Geschäftsunfähigkeit oder des Todes des Antragenden angenommen werden und einen wirksamen Vertragsschluss herbeiführen. Im obigen Beispielsfall lässt sich das sehr schön verdeutlichen. § 130 II BGB führt dazu, dass das Angebot des A auch nach Abgabe in den Rechtsverkehr gültig bleibt und wirksam werden kann, nachdem A geschäftsunfähig geworden ist und dann verstirbt. § 153 BGB stellt nun klar, dass dieses Angebot auch in einem vertraglichen Kontext annahmefähig bleibt und den Vertragsschluss ermöglichen kann. Denn der Vertrag kommt durch Angebot, Abgabe des Angebotes, Zugang des Angebotes, Annahme des Angebotes, Abgabe der Annahme und Zugang der Annahme zustande. § 130 II BGB wirkt bis auf den Zeitpunkt des Zugangs des Angebotes während § 153 BGB nach Zugang des Angebotes die Bestimmung über die Wirksamkeit quasi übernimmt. S kann damit gemäß § 153 BGB im obigen Fall das zugegangene Angebot des A annehmen und den Vertrag zustande bringen. 


Tenor: 


§ 130 II BGB normiert die Zugangsfähigkeit jeglicher Willenserklärungen, § 153 BGB regelt die Annahmefähigkeit von Angeboten.

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