28. Juni 2018

Übereignung gemäß § 929 S. 1 BGB bei Stellvertretung auf Erwerberseite als Thema eines rechtswissenschaftlichen Gutachtens

Zur Übertragung des Eigentums an einer beweglichen Sache ist es gemäß § 929 S. 1 BGB erforderlich, dass der Eigentümer die Sache dem Erwerber übergibt und beide darüber einig sind, dass das Eigentum übergehen soll.

Die rechtsgeschäftliche Übertragung des Eigentums an einer beweglichen Sache gemäß § 929 S. 1 BGB erfordert damit ein Rechtsgeschäft in Form des dinglichen Vertrages der Einigung und einen Realakt in Form der Übergabe.

Bei der rechtlichen Beurteilung einer Stellvertretung im Rahmen der Übereignung gemäß § 929 S. 1 BGB auf Erwerberseite sind dabei die Einigung und die Übergabe getrennt voneinander zu untersuchen.


Die dingliche Einigung


Im Rahmen der dinglichen Einigung gemäß § 929 S. 1 BGB ist Stellvertretung problemlos möglich, da die Einigung ein Rechtsgeschäft ist und aus zwei korrespondierenden Willenserklärungen besteht. Die Willenserklärung des Erwerbers gibt der Stellvertreter auf der Erwerberseite in fremdem Namen ab.


Die Übergabe


Problematisch ist die Stellvertretung im Rahmen der Übergabe. Die Übergabe ist ein Realakt, also keine Willenserklärung und kein Rechtsgeschäft. Eine Stellvertretung gemäß §§ 164 ff. BGB ist damit nicht möglich. Es liegt im Rahmen der Übergabe gemäß § 929 S. 1 BGB auch kein Fall des § 854 II BGB vor, da in den Fällen des § 854 II BGB eine Übergabe nicht mehr notwendig ist.

Fraglich ist daher, wie eine wirksame Übergabe an den vertretenen Erwerber durch Aushändigung an seinen Stellvertreter erfolgen kann.

Hierzu gibt es drei Konstellationen:

1. Übergabe durch Besitzdiener gemäß § 855 BGB


Ist der Stellvertreter Besitzdiener des Vertretenen im Sinne des § 855 BGB, so wird nur der Hintermann als Besitzherr Besitzer der beweglichen Sache. Bei Übergabe an den Stellvertreter wird damit rechtlich die Übergabe an den Vertretenen vollzogen, so dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 929 S. 1 BGB erfüllt sind.


2. Übergabe durch Besitzmittler gemäß § 868 BGB


Ist der Stellvertreter ein Besitzmittler des Vertretenen im Sinne des § 868 BGB, so erhält der Vertretene mit Übergabe der beweglichen Sache an den Stellvertreter automatisch mittelbaren Besitz. Dieser genügt für den Eigentumserwerb gemäß § 929 S. 1 BGB


3. Übergabe durch Geheißperson


Ist der Stellvertreter weder Besitzdiener noch Besitzmittler, so kann er dennoch als Hilfsperson in Form der Geheißperson bei der Übergabe eingeschaltet werden. Dabei liegt eine Übergabe an den Vertretenen dann vor, wenn der Vertretene zwar nicht selbst den unmittelbaren Besitz erlangt, aber die bewegliche Sache auf Geheiß des Erwerbers an eine vom Vertretenen bestimmte Geheißperson ausgehändigt wird.

Diese Art der Übergabe wird dann dem Vertretenen zugerechnet, da er durch die Bestimmung über die Geheißperson die Kontrolle über den Übergabevorgang hat.

© Jura Ghostwriter - Ghostwriting Agentur & Akademisches Ghostwriting - Seit 1973

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Vielen Dank für Ihren Kommentar. Aus rechtlichen Gründen müssen wir Ihren Kommentar erst prüfen, bevor wir ihn freischalten dürfen. Wir danken Ihnen für Ihr Verständnis und werden Ihren Kommentar zeitnah freischalten!

Erfüllbarkeit - Definition und Erklärung für die Hausarbeit

Die Erfüllbarkeit wird häufig missverstanden. Umso wichtiger ist es, dass Sie sich diese Erklärung und Definition der Jura Ghostwriter für...