8. Februar 2018

Empfangsbote - Erklärungsbote - Empfangsvertreter - Erklärungsvertreter - Definition - Beispiele - Fälle

Einschaltung von Dritten bei der Übermittlung von Willenserklärungen

Empfangsbedürftige Willenserklärungen bedürfen zu ihrer Wirksamkeit einer Abgabe und eines Zugangs. Grundsätzlich steht dabei auf der Abgabe-Seite der Erklärende und auf der Zugangs-Seite der Erklärungsempfänger. Erklärende und Erklärungsempfänger können sich aber auch Dritter bedienen, um die Abgabe und den Zugang der Willenserklärung zu bewirken. Insoweit können auf der Erklärungs- und Abgabeseite Erklärungsvertreter und Erklärungsboten eingesetzt werden. Auf der Empfänger- und Zugangsseite können Empfangsvertreter und Empfangsboten eingesetzt werden. 

Erklärungsbote Definition

Der Erklärungsbote ist ein vom Erklärenden eingesetzter Dritter, der zur Abgabe der Willenserklärung eingesetzt wird. 

Empfangsbote Definition

Der Empfangsbote ist ein Dritter, der vom Erklärungsempfänger für den Zugang der Willenserklärung eingesetzt wird. Dabei ist Empfangsbote derjenige, der bereit, geeignet und ermächtigt ist beziehungsweise nach der Verkehrsanschauung als ermächtigt anzusehen ist, die Willenserklärung entgegenzunehmen. 

Erklärungsbote und Empfangsbote - Geschäftsfähigkeit notwendig?

Der Bote bildet keine eigene Willenserklärung, sondern überbringt diese nur. Dieses Überbringen ist eine tatsächliche Tätigkeit, keine rechtsgeschäftliche. Daher ist für die Boteneigenschaft keine Geschäftsfähigkeit erforderlich. Allerdings muss der Bote schon dazu in der Lage sein, die Willenserklärung korrekt zu übermitteln. Daher müssen die geistigen Fähigkeiten des Boten zumindest so weit reichen, dass er die Willenserklärung selbst verstehen und sie auch kommunikativ wiedergeben kann. Solange der Bote also diese Mindestanforderungen erfüllt, gilt der gute alte Merksatz: "Und ist das Kindlein noch so klein, so kann es doch schon Bote sein."

Empfangsbote Beispiele

Empfangsbote ist jeder Dritte, der entweder vom Erklärungsempfänger dazu eingesetzt wird oder aber nach der Verkehrsanschauung als Empfangsbote gilt. Hierzu gehören beispielsweise der Ehepartner des Erklärungsempfängers, der Lebenspartner oder auch der Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Auch Familienangehörige oder Wohngemeinschaft-Mitbewohner, die gemeinsam im selben Haushalt wohnen, können Empfangsboten sein. 

Untauglicher Empfangsbote = Erklärungsbote

Wir haben oben gesehen, wer alles zum Empfangsboten taugt. Nun gibt es aber Personen, die als Empfangsbote eingesetzt werden, aber hierfür nicht geeignet sind. So beispielsweise beim Einsatz eines Kleinkindes, eines zufällig anwesenden Handwerkers oder eines Nachbarn des Erklärungsempfängers. Da der Erklärungsempfänger für den Empfangsboten verantwortlich ist und ihm dessen Handeln zugerechnet wird, können untaugliche Empfangsboten ihm grundsätzlich nicht zugerechnet werden. Bedienen sich daher der Erklärende, sein Erklärungsvertreter oder auch sein Erklärungsbote eines untauglichen Empfangsboten, so wird der untaugliche Empfangsbote zum Erklärungsboten. Damit trägt nicht mehr der Erklärungsempfänger das Risiko des Tätigwerdens des Empfangsboten, sondern der Erklärende.

Zugang der Willenserklärung bei Einsatz eines Erklärungsboten

Wird auf Seiten des Erklärenden und Abgebenden ein Erklärungsbote zur Übermittlung einer Willenserklärung eingesetzt, so liegt der Zugang der Willenserklärung dann vor, wenn die Willenserklärung durch den Erklärungsboten derart übermittelt wurde, dass die Willenserklärung sich im Herrschaftsbereich des Erklärungsempfängers befindet und mit der Kenntnisnahme durch den Erklärungsempfänger unter Zugrundelegung verkehrsüblicher Verhältnisse auch gerechnet werden kann. 

Zugang der Willenserklärung bei Einsatz eines Empfangsboten

Wird auf Seiten des Adressaten und Erklärungsempfängers ein Empfangsbote zum Empfang der Willenserklärung eingesetzt, so liegt der Zugang der Willenserklärung in dem Zeitpunkt vor, in welchem die Willenserklärung dem Empfangsboten übermittelt wurde und mit der Weiterleitung an den Empfänger gerechnet werden kann. 

Risiko der Falschübermittlung bei Erklärungsboten und Empfangsboten

Der Erklärungsbote wird vom Erklärenden, der Empfangsbote grundsätzlich vom Erklärungsempfänger eingesetzt. Erklärender und Erklärungsempfänger tragen beide jeweils die Verantwortung für ihren Risikobereich. Konsequenterweise gehen daher die Risiken der Falschübermittlung im Rahmen des Einsatzes eines Erklärungsboten auch zulasten des Erklärenden. Auf der anderen Seite gehen wiederum Risiken der Falschübermittlung auf Seiten des Empfangsboten auch zu Lasten des Erklärungsempfängers. 

Abgrenzung des Erklärungsboten vom Erklärungsvertreter

Der Erklärende kann sich im Rahmen der Abgabe seiner Willenserklärung eines Dritten bedienen. Dieser Dritte kann nicht nur Erklärungsbote, sondern auch Erklärungsvertreter sein. Erklärungsvertreter ist dabei derjenige, der im Namen des Erklärenden eine eigene Willenserklärung mit Vertretungsmacht abgibt. Im Unterschied zum Erklärungsboten überbringt der Erklärungsvertreter also nicht die Willenserklärung des Erklärenden, sondern er bildet sie im Namen des Erklärenden selbst. Den Erklärungsvertreter nennt man auch aktiven Stellvertreter.

Beispiel für Erklärungsbote

A will ein Leinsamen-Brötchen beim Bäcker B für 1 EUR kaufen. Er schickt seinen 5jährigen Sohn S los, für ihn das Angebot beim Bäcker B zum Kauf eines Leinsamen-Brötchens für 1 EUR zu überbringen. Das Angebot ist hinsichtlich Vertragspartner, Kaufgegenstand und Kaufpreis von A vorgegeben. S bildet keinen eigenen Willen, sondern übermittelt den Willen des A an B. Der Sohn S ist Erklärungsbote des A.

Beispiel für Erklärungsvertreter

A möchte Brötchen essen. Er schickt seine 15-jährige Tochter T mit 20 EUR zum Becker und sagt, sie solle Brötchen und was sie sonst noch so Leckeres sehe, vom Bäcker mitbringen. Die Tochter kann hinsichtlich Bäckerei, Kaufgegenstand und Kaufpreis selbst entscheiden. Sie bildet diesbezüglich einen eigenen Willen und eine eigene Willenserklärung und kauft die Backwaren dann mit Vertretungsmacht für den Geldgeber A ein. T ist Erklärungsvertreterin.

Abgrenzung des Empfangsboten vom Empfangsvertreter

Der Empfänger kann sich im Rahmen des Zugangs einer Willenserklärung eines Dritten bedienen. Dieser Dritte kann Empfangsbote oder auch Empfangsvertreter sein. Empfangsvertreter ist dabei derjenige, der im Namen des Erklärenden eine fremde Willenserklärung mit Vertretungsmacht entgegennimmt. Die Willenserklärung ist daher in dem Moment dem Erklärungsempfänger zugegangen, in welchem die Willenserklärung dem Empfangsvertreter zugeht. Da der Empfangsvertreter keine eigene Willenserklärung bildet, sondern eine fremde Willenserklärung entgegennimmt, nennt man ihn auch passiven Stellvertreter. 

Abgrenzung des Boten vom Stellvertreter

Fraglich ist, wie man in unklaren Situationen den Boten vom Stellvertreter abgrenzt. Insoweit sind Erklärungsbote, Empfangsbote, Erklärungsvertreter und Empfangsvertreter voneinander abzugrenzen. Insbesondere die Abgrenzung zwischen Erklärungsbote und Erklärungsstellvertreter ist häufig problematisch. Da die Einschaltung Dritter im Kontext von Abgabe und Zugang einer Willenserklärung auch den Rechtsverkehr betrifft und damit also Dritte geschützt werden müssen, erfolgt die Abgrenzung grundsätzlich gemäß §§ 133, 157, 242 BGB (analog) anhand des objektivierten Empfängerhorizontes eines neutralen und objektiven Beobachters. Hiernach ist danach zu fragen, wie sich die Situation, also der zu betrachtende Sachverhalt, für einen objektiven Beobachter darstellt. Überbringt eine Person nach objektiver Betrachtung lediglich eine Willenserklärung, dann ist sie Erklärungsbote. Tritt die Person als Stellvertreter mit Handlungsspielraum auf und bildet objektiviert betrachtet einen eigenen Willen, spricht dies für das Vorliegen von Stellvertretung. Dabei sind alle Einzelheiten des jeweiligen Sachverhaltes entscheidend und auszuwerten. Eine pauschale Antwort gibt es wie immer nicht. Die Auswertung aller Details und die entsprechende juristische Bewertung des Einzelfalles zeichnen hier den Prädikats-Juristen aus. 

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