20. Dezember 2018

1922 BGB - Gesamtrechtsnachfolge im Überblick

Den Gesetzestext zur Normierung der Gesamtrechtsnachfolge gemäß § 1922 BGB müssen Sie in der Hausarbeit beachten. Der Blick ins Gesetz erleichtert die Rechtsfindung und ist grundsätzlich der erste Schritt in der Hausarbeit zum Erbrecht und zur Gesamtrechtsnachfolge.



Gesamtrechtsnachfolge gemäß § 1922 I BGB


§ 1922 BGB normiert die Gesamtrechtsnachfolge im Todesfalle.

Gemäß § 1922 I BGB geht mit dem Tode einer Person, dem sogenannten Erbfall, deren gesamtes Vermögen, sogenannte Erbschaft, auf eine oder mehrere andere Personen, die Erben, über.

Erblasser kann immer nur eine natürliche, nicht aber eine juristische Person sein.

Erbe wiederum kann jede rechtsfähige Person sein. Damit können sowohl natürliche als auch juristische Personen Erben sein.

Der Erbe muss erbfähig sein. Die Erbfähigkeit wird durch § 1923 BGB normiert.

Die Erbenstellung kann sich vorrangig aus rechtsgeschäftlicher Erbfolge gemäß §§ 1937, 1938 BGB ergeben (gewillkürte Erbfolge) oder aber aus Gesetz gemäß §§ 1924 ff. BGB.

Die Erbschaft wird vom Gesetz auch synonym als Nachlass bezeichnet und meint das gesamte aktive und passive Vermögen des Erblassers. Die Haftung für die Verbindlichkeiten der Erbschaft sind gemäß §§ 1967, 2058 BGB normiert.

Vererblich sind grundsätzlich alle Rechtspositionen, wie beispielsweise:

  • Ansprüche im Sinne des § 194 BGB
  • Anwartschaften
  • Besitz gemäß § 857 BGB als Zwitter aus rechtlicher und tatsächlicher Position
  • Bindung an ein Vertragsangebot gemäß §§ 130 II, 153 BGB
  • Eigentum an beweglichen und unbeweglichen Sachen
  • Forderungen
  • Gestaltungsrechte wie Anfechtung, Rücktritt und Kündigung
  • Rechte wie Patente und Lizenzen
  • Unternehmen und Unternehmensbeteiligungen
  • Verbindlichkeiten


Gesamtrechtsnachfolge gemäß § 1922 BGB - Nicht vererbliche Rechtspositionen


Vererblich sind Rechtspositionen ausnahmsweise dann nicht, wenn sie höchstpersönlicher Natur sind, wie beispielsweise die ideellen Bestandteile des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Diese sind im Gegensatz zu den vermögenswerten Bestandteilen des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts so eng mit der Person des Erblassers verbunden, dass sie nicht gemäß § 1922 I BGB auf den Erben übergehen können.

Zum ideellen Bestandteil des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts gehört beispielsweise der Anspruch auf Geldentschädigung aufgrund der Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Dieser Anspruch dient der Genugtuungsfunktion zugunsten des Verletzten. Diese Genugtuungsfunktion kann aber nicht gegenüber dem oder den Erben wirken.

Anders ist dies bei den vermögenswerten Bestandteilen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts wie Nutzungsrechten am Namen oder am Bild des Erblassers. Solche wirtschaftlichen Rechtspositionen haben postmortale Wirkung und können auch nach dem Tode zu Ansprüchen im Sinne des § 194 BGB, wie beispielsweise einem Schadensersatzanspruch, führen.


Gesamtrechtsnachfolge - Ein wichtiges Prinzip des Erbrechts


Die Gesamtrechtsnachfolge des § 1922 I BGB wird auch als Universalsukzession bezeichnet. Der Gesetzgeber normiert hier einen Vonselbsterwerb, vgl. § 1942 BGB. Das Vermögen geht daher, einschließlich der Verbindlichkeiten im Sinne des § 1967 BGB, als Ganzes und von selbst auf den oder die Erben über. Eine rechtsgeschäftliche Übertragung ist nicht notwendig. Ein etwaiger gutgläubiger Erwerb spielt keine Rolle.


Gesamtrechtsnachfolge - Der Gegensatz zur Einzelrechtsnachfolge


Da das Vermögen als Ganzes auf den oder die Erben übergeht, ist eine Einzelrechtsnachfolge, auch Singularzession genannt, grundsätzlich nicht möglich. Nicht einmal der Erblasser kann daher die Erbmasse mittels rechtsgeschäftlicher Anordnung durch Verfügung von Todes wegen mit dinglicher Wirkung aufteilen und damit eine Aufteilung des Nachlasses in einzelne Segmente, mehrere unterschiedliche Vermögensmassen oder einzelne Vermögensgegenstände erwirken.


Gesamtrechtsnachfolge - Ratio legis


Das Vermögen des Erblassers soll im Interesse des oder der Erben sowie der Nachlassgläubiger zunächst als Einheit erhalten bleiben. Deshalb bilden die Erben zunächst eine Erbengemeinschaft zur gesamten Hand als Gesamthandsgemeinschaft.


Gesamtrechtsnachfolge - Ausnahmen im Wege der Singularzession


Vom Grundsatz der Gesamtrechtsnachfolge gibt es wenige Ausnahmen. Diese sind aber nur dort erlaubt, wo übergeordnete schützenswerte Interesse dies rechtfertigen.

Anerkannte Fälle sind diesbezüglich im Personengesellschaftsrecht der Tod eines persönlich haftenden Gesellschafters bei entsprechender Nachfolgeklausel im Gesellschaftsvertrag oder auch beim Tod eines Kommanditisten.

Rechtsfolge der Singularzession ist die Absonderung der betreffenden Vermögensteile vom übrigen Nachlass. Damit entstehen dann entgegen der Grundsatzregel des § 1922 BGB zwei rechtlich selbständige Vermögensmassen. Jede Vermögensmasse ist dann für sich genommen ein eigener Nachlass. Es entstehen damit ausnahmsweise zwei Nachlassteile.


Gesamtrechtsnachfolge gemäß § 1922 II BGB


Auf den Anteil eines Miterben, den sogenannten Erbteil, finden gemäß § 1922 II BGB die sich auf die Erbschaft beziehenden Vorschriften Anwendung.

§ 1922 II BGB normiert die Erbengemeinschaft, vgl. § 2032 BGB. Dieser Erbengemeinschaft steht der Nachlass zur gesamten Hand zu. Die Erbengemeinschaft gehört damit zu den Gesamthandsgemeinschaften.

Der Erblasser hat daher keine Möglichkeit, einzelne Gegenstände unmittelbar einem bestimmten Erben zuzuwenden.  Einzelne Gegenstände können damit nicht einzelnen Personen vererbt, wohl aber (mittelbar) zugewendet werden. Eine solche Zuwendung eines einzelnen Gegenstandes gegenüber einer einzelnen Person erfolgt über ein Vermächtnis, vgl. § 2087 BGB.

Ein Vermächtnis im Sinne des § 1937 BGB hat aber keine dingliche, sondern nur schuldrechtliche Wirkung. Der Vermächtnisnehmer erhält lediglich einen Anspruch gegen den oder die Erben auf Übertragung, vgl. § 2174 BGB.

Eine dingliche Wirkung bezüglich der Zuwendung eines einzelnen Gegenstandes an eine bestimmte Person ist auch nicht über eine Teilungsanordnung gemäß § 2048 BGB möglich. Die Teilungsanordnung hat nur schuldrechtliche, nicht aber dingliche Wirkung. Sowohl Vermächtnisse als auch Teilungsanordnungen müssen daher vom Erben oder von den Erben erfüllt werden. Die einzelnen Gegenstände müssen also beispielsweise gemäß §§ 929 ff. BGB übereignet und übergeben werden.


Gesamtrechtsnachfolge gemäß § 1922 II BGB - Der Erbteil


Der Anteil eines Miterben wird gemäß § 1922 II BGB als Erbteil bezeichnet. Der Erbteil bezeichnet die Quote, mit welcher der einzelne Miterbe am gesamten Nachlass beteiligt ist. Dies ist streng zu unterscheiden von einem Teilrecht an den einzelnen Nachlassgegenständen. Ein solches Teilrecht hat der Miterbe nicht. Der Miterbe kann daher auch nicht über Teilrechte an einzelnen Gegenständen verfügen, vgl. § 2033 II BGB.

§ 1922 II BGB verweist bezüglich des Anteils eines Miterben auf die Anwendung der sich auf die Erbschaft beziehenden Vorschriften. Bedeutung hat diese Verweisung vor allem bezüglich der Vorschriften über

  • Annahme und Ausschlagung der Erbschaft gemäß §§ 1942 ff. BGB
  • Nachlasspflegschaft gemäß § 1960 BGB und den
  • Erbschaftskauf gemäß §§ 2371 ff. BGB.

Die Übertragung des Erbteils eines Miterben ist in § 2033 I BGB normiert. Die Übertragung des Erbteils kann durch eine einzige Verfügung erfolgen.

Im Gegensatz hierzu ist eine Übertragung der ganzen Erbschaft durch einen einzigen Rechtsakt nicht möglich. Die Übertragung der gesamten Erbschaft erfolgt vielmehr durch Verfügung über die einzelnen Nachlassrechte.

Weitere Erklärungen der Jura Ghostwriter für die Hausarbeit zum Erbrecht findest Du hier.

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