23. Juli 2018

Scheingeschäft

Das Scheingeschäft in der rechtswissenschaftlichen Untersuchung - Um was geht es?


Im Rechtsverkehr gibt es Sachverhalte, in denen die Beteiligten nach außen hin objektiv ein Rechtsgeschäft tätigen, das sie subjektiv übereinstimmend nicht wollen. Es wird damit für den Rechtsverkehr der Schein eines Rechtsgeschäftes erzeugt. Die diesbezüglich wichtigen Gesichtspunkte solcher Scheingeschäfte werden im folgenden erläutert.


Scheingeschäft - Definition


Wir starten mit der Definition des Scheingeschäfts. Ein Scheingeschäft liegt dann vor, wenn für den Rechtsverkehr der objektive Tatbestand eines Rechtsgeschäfts erzeugt wird, während die Beteiligten einvernehmlich subjektiv ein solches Rechtsgeschäft nicht wollen.


Scheingeschäft - Gesetzliche Grundlage


Gesetzliche Grundlage des Scheingeschäfts ist § 117 BGB. § 117 BGB normiert das Scheingeschäft. Wird eine empfangsbedürftige Willenserklärung mit Einverständnis des Empfängers nur zum Schein abgegeben, so ist diese Willenserklärung gemäß § 117 S. 1 BGB nichtig.

Wird durch ein solches Scheingeschäft ein anderes Rechtsgeschäft verdeckt, so finden gemäß § 117 S. 2 BGB die für das verdeckte Rechtsgeschäft geltenden Vorschriften Anwendung.


Scheingeschäft - Ratio legis des § 117 BGB


Entsprechend dem Grundsatz der Privatautonomie will der Gesetzgeber verhindern, dass von den Beteiligten nur zum Schein abgegebene Willenserklärungen am Ende Rechtsfolgen auslösen können. Die Parteien eines solchen Rechtsgeschäfts wollen keine Rechtsfolgen auslösen und daher spricht auch der Gesetzgeber solchen Scheingeschäften die Geltung ab. Außerdem will der Gesetzgeber auch den Rechtsverkehr vor solchen Rechtsgeschäften schützen, die nur zum Schein inszeniert werden und in Wahrheit von niemandem gewollt sind.

Nach Sinn und Zweck des § 117 BGB werden damit sowohl die Beteiligten des Scheingeschäfts als auch der Rechtsverkehr geschützt.


Scheingeschäft - Prüfungsstandort


§ 117 BGB normiert tatbestandlich und auf Rechtsfolgenseite die Wirksamkeit einer Willenserklärung im Rahmen eines Scheingeschäfts. Nachdem die Tatbestandsvoraussetzungen einer Willenserklärung geprüft und bejaht wurden, muss auch deren Wirksamkeit untersucht werden.  Hier kommt dann § 117 BGB zum Tragen.

Als rechtshindernde Einwendung wird § 117 BGB auf der Ebene des „Anspruch entstanden“ geprüft.


Scheingeschäft - Prüfungsschema zu § 117 S. 1 BGB



  • Empfangsbedürftige Willenserklärung
  • Abgabe dieser Willenserklärung
  • Subjektiv ohne konkreten Rechtsbindungswillen bzw. Geschäftswillen
  • Tatsächliches Einverständnis des Adressaten im Rahmen einer Simulationsabrede
  • Rechtsfolge: Nichtigkeit der Willenserklärung und damit des simulierten Rechtsgeschäfts inter partes und erga omnes; Ausnahme: § 405 BGB



Scheingeschäft - Prüfungsschema zu § 117 S. 2 BGB



  • Scheingeschäft im Sinne des § 117 S. 1 BGB
  • Verdeckung eines anderen Rechtsgeschäfts
  • Prüfung der Wirksamkeit des verdeckten Rechtsgeschäfts nach allgemeinen Regeln
  • Rechtsfolge: Wirksamkeit oder Nichtigkeit je nach Einhaltung der allgemeinen Regeln des dissimulierten Rechtsgeschäfts



Scheingeschäft - Ausnahme vom Grundsatz der Nichtigkeit gemäß § 117 S. 1 BGB gemäß § 405 BGB


§ 405 BGB normiert die Abtretung einer Forderung unter Urkundenvorlegung. Hat der Schuldner eine Urkunde über die Forderung ausgestellt, so kann er sich gemäß § 405 BGB, wenn die Forderung unter Vorlegung der Urkunde abgetreten wird, dem neuen Gläubiger gegenüber nicht darauf berufen, dass die Eingehung oder Anerkennung des Schuldverhältnisses nur zum Schein erfolgt oder dass die Abtretung durch Vereinbarung mit dem ursprünglichen Gläubiger ausgeschlossen sei, es sei denn, dass der neue Gläubiger bei der Abtretung den Sachverhalt kannte oder kennen musste.


Scheingeschäft - Keine "falsa demonstratio non nocet" bezüglich dissimuliertem Rechtsgeschäft


§ 117 II BGB entspricht dem Rechtsgedanken der falsa demonstratio non nocet. Die Falschbezeichnung in Form des simulierten Rechtsgeschäfts schadet im Ergebnis nicht bezüglich der Möglichkeit der Wirksamkeit des dissimulierten Rechtsgeschäfts. Allerdings ist § 117 II BGB kein Fall der echten falsa demonstratio non nocet, da diese eine unbewusste, irrtümliche Falschbezeichnung der Parteien voraussetzt.


Scheingeschäft - Beispiel


A und B schließen einen notariellen Kaufvertrag über den Verkauf des Grundstücks des A an B. Um Grunderwerbsteuer und Notargebühren zu sparen, wird als offizieller Kaufpreis 100.000 EUR angegeben. Tatsächlich sind sich A und B jedoch einig, dass das Grundstück 300.000 EUR kosten soll.

Der notarielle Kaufvertrag ist als Scheingeschäft (simulierter Vertrag) gemäß § 117 S. 1 BGB nichtig. Der von A und B wirklich gewollte Kaufvertrag (dissimulierter Vertrag) über 300.000 EUR ist nach allgemeinen Vorschriften gemäß § 311b I 1 BGB in Verbindung mit § 128 BGB wegen Formverstoßes gemäß § 125 S. 1 BGB unwirksam.

Der Formverstoß kann aber gemäß § 311b I 2 BGB durch Auflassung und Eintragung geheilt werden. Der dissimulierte Kaufvertrag über 300.000 EUR kann somit über die Heilung wirksam werden.


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