4. Juli 2018

Anfechtung bei Handeln in fremdem Namen mit Eigengeschäftswille - Lösungsmöglichkeiten für das rechtswissenschaftliche Gutachten

Für den Auftritt eines Stellvertreters ist aus Verkehrsschutzgründen der objektive Empfängerhorizont gemäß §§ 133, 157 BGB maßgeblich. Der subjektive Wille des Stellvertreters ist daher unbeachtlich.

Tritt jemand daher nach außen aus objektiver Sicht für den Rechtsverkehr als Stellvertreter auf, möchte aber in Wahrheit für sich selbst handeln, so liegt ein Stellvertretergeschäft vor.

Dieses Ergebnis gebietet der Schutz des Rechtsverkehrs. Entscheidend ist damit das, was Dritte aufgrund des Verhaltens des Handelnden aus dem Verhalten schließen können. Nicht relevant ist, was der Handelnde selbst subjektiv denkt. Denn niemand kann in den Kopf des Handelnden schauen. Damit kann auch nicht relevant sein, was der Handelnde denkt.


Anfechtbarkeit eines Rechtsgeschäfts bei Handeln in fremdem Namen mit Eigengeschäftswille


Fraglich ist, ob man dem Handelnden eine Möglichkeit einräumt, sich über die Anfechtung wegen Irrtums über die Bedeutung seines Auftretens gemäß § 119 I Alt. 1 BGB von diesem ungewollten Stellvertretergeschäft zu lösen. Hierzu werden im Wesentlichen zwei Ansätze vertreten.


Nach hM kein Anfechtungsrecht bei Handeln in fremdem Namen mit Eigengeschäftswille


Die herrschende Meinung in Rechtsprechung und Literatur verneint eine Anfechtungsmöglichkeit des Handelnden. Begründet wird dies mit einer analogen Anwendung des § 164 II BGB.

§ 164 BGB normiert die Wirkung der Erklärung des Vertreters. Tritt der Wille, in fremdem Namen zu handeln, nicht erkennbar hervor, so kommt der Mangel des Willens, im eigenen Namen zu handeln, nicht in Betracht.

Macht der Stellvertreter also nicht klar, dass er für einen anderen handelt und erfüllt damit nicht die Tatbestandsvoraussetzungen des Offenkundigkeitsprinzips, so tätigt er am Ende ein Eigengeschäft.

In quasi umgekehrter Anwendung des § 164 II BGB löst die herrschende Meinung nun den Fall des gewollten Eigengeschäfts mittels der Analogie zu § 164 II BGB. Die Regelungslücke für diese Fälle sei planwidrig, die Interessenlage vergleichbar, so die Vertreter der herrschenden Meinung. Schließlich sei der Wille, in eigenem Namen zu handeln, unbeachtlich, da dieser nicht nach außen zum Ausdruck gekommen sei.

Im Ergebnis liegt also kein Eigengeschäft, sondern ein Fremdgeschäft in Form eines Stellvertretergeschäfts vor.


Die Gegenauffassung bejaht die Anfechtungsmöglichkeit bei Handeln in fremdem Namen mit Eigengeschäftswille


Die Gegenauffassung sieht den Handelnden im Irrtum über die Bedeutung seines Handelns und damit auch seiner Willenserklärung. Das Argument der herrschenden Meinung, dass § 164 II BGB analog eine Anfechtungsmöglichkeit verhindere, sei hiernach aufgrund des Ausnahmecharakters des § 164 II BGB und der damit verbundenen fehlenden Analogiefähigkeit des § 164 II BGB verfehlt.

Methodisch bedient sich die Gegenauffassung daher eines Umkehrschlusses.

Weitere wichtige Konstellationen des Stellvertretungsrechts finden Sie hier.

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