Gesetzliche Grundlage der "Clausula rebus sic stantibus" - Regel im Zivilrecht - § 313 BGB
Haben sich Umstände, die zur tatsächlichen (!) Grundlage eines Vertrages geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag dann nicht oder jedenfalls mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann gemäß § 313 I BGB Anpassung des Vertrages verlangt werden, soweit einem Vertragsteil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.
Im Rahmen der vertraglichen Vereinbarung gehen die Parteien daher neben den vertraglichen Inhalten selbst auch vom Bestehen bestimmter tatsächlicher Umstände aus. Gemeint ist damit eine bestimmte Sachverhaltskonstellation, die dem Vertrag zugrunde liegt. Genau diese Umstände bezeichnet der "Clausula rebus sic stantibus" - Grundsatz.
Universelle Geltung der "Clausula rebus sic stantibus" - Regel im gesamten Recht
Über das Zivilrecht hinaus gilt der "Clausula rebus sic stantibus" - Grundsatz auch im Öffentlichen Recht. So beispielsweise bei Staatsverträgen zwischen Bund und Ländern oder zwischen Bundesländern untereinander aufgrund des Bundesstaatsprinzips. Gesetzliche Beispiele aus dem Öffentlichen Recht sind im Sozialrecht § 59 SGB X sowie im Allgemeinen Verwaltungsrecht § 38 III VwVfG und § 60 VwVfG. Im Völkervertragsrecht findet sich die "Clausula rebus sic stantibus" - Regel beispielsweise in Art. 62 des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge.
§ 59 SGB X normiert die Anpassung und Kündigung von Verträgen in besonderen Fällen. Haben die Verhältnisse, die für die Festsetzung des Vertragsinhalts maßgebend gewesen sind, sich seit Abschluss des Vertrages so wesentlich geändert, dass einer Vertragspartei das Festhalten an der ursprünglichen vertraglichen Regelung nicht zuzumuten ist, so kann diese Vertragspartei gemäß § 59 I 1 SGB X eine Anpassung des Vertragsinhalts an die geänderten Verhältnisse verlangen oder, sofern eine Anpassung nicht möglich oder einer Vertragspartei nicht zuzumuten ist, den Vertrag kündigen.
§ 38 VwVfG normiert die Zusicherung im Verwaltungsverfahren. Ändert sich nach Abgabe einer Zusicherung die Sach- und Rechtslage derart, dass die Behörde bei Kenntnis der nachträglich eingetretenen Änderung die Zusicherung nicht gegeben hätte oder aus rechtlichen Gründen nicht hätte geben dürfen, so ist die Behörde gemäß § 38 III VwVfG an die Zusicherung nicht mehr gebunden.
§ 60 VwVfG normiert die Vertragsanpassung und Kündigung eines öffentlich-rechtlichen Vertrages in besonderen Fällen. Haben sich die Verhältnisse, die für die Festsetzung des Vertragsinhalts maßgebend gewesen sind, seit Abschluss des Vertrages so wesentlich geändert, dass einer Vertragspartei das Festhalten an der ursprünglichen vertraglichen Regelung nicht zuzumuten ist, so kann diese Vertragspartei gemäß § 60 I VwVfG eine Anpassung des Vertragsinhalts an die geänderten Verhältnisse verlangen, oder, sofern eine Anpassung nicht möglich oder einer Vertragspartei nicht zuzumuten ist, den Vertrag kündigen.
Art. 62 des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge normiert die Fall der grundlegenden Veränderung der Umstände. Eine grundlegende Änderung der beim Vertragsschluss gegebenen Umstände, die von den Vertragsparteien nicht vorausgesehen wurde, kann gemäß Art. 62 I des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge nicht als Grund für die Beendigung des Vertrages oder den Rücktritt von ihm geltend gemacht werden, es sei denn das Vorhandensein jener Umstände bildete eine wesentliche Grundlage für die Zustimmung der Vertragsparteien, durch den Vertrag gebunden zu sein, und die Änderung der Umstände würde das Ausmaß der auf Grund des Vertrages noch zu erfüllenden Verpflichtungen tief greifend umgestalten. Eine grundlegende Veränderung der Umstände kann gemäß Art. 62 II des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge nicht als Grund für die Beendigung des Vertrages oder den Rücktritt von ihm geltend gemacht werden, wenn der Vertrag eine Grenze festlegt oder wenn die Vertragspartei, welche die grundlegende Änderung der Umstände geltend macht, diese durch Verletzung einer Vertragsverpflichtung oder einer sonstigen, gegenüber einer anderen Vertragspartei bestehenden internationalen Verpflichtung selbst herbeigeführt hat. Kann eine Vertragspartei gemäß Art. 62 I oder Art. 62 II des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge eine grundlegende Veränderung der Umstände als Grund für die Beendigung des Vertrages oder den Rücktritt von ihm geltend machen, so kann sie gemäß Art. 62 III des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge die Veränderung auch als Grund für die Suspendierung des Vertrages geltend machen.
Ghostwriter Jura Beispiel für die "Clausula rebus sic stantibus" - Regel in der Hausarbeit
Relevant ist die Bestimmung der gleichbleibenden Umstände im Sinne der "Clausula rebus sic stantibus" - Regel im Rahmen der sogenannten Krönungszugfälle. V vermietet M ein Zimmer in seiner Wohnung für den 4.6., weil an diesem Tage ein Krönungszug durch die Stadt verläuft und diese vom Zimmer des V aus besonders gut zu beobachten ist. V und M schließen diesbezüglich einen Mietvertrag. Die Durchführung des Krönungszuges wird dabei selbstverständlich nicht vertraglicher Bestandteil, da weder V noch M die Durchführung des Krönungszuges schulden. Allerdings gehen sowohl V als auch M davon aus, dass der Krönungszug auch tatsächlich stattfindet. Die Durchführung des Krönungszuges gehört damit zu den gleichbleibenden tatsächlichen Umständen des Vertrages, die dem Vertragsschluss im Sachverhaltsbereich zugrundeliegen. Wird nun der Krönungszug abgesagt, liegt ein Fall der Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 BGB vor.
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