4. April 2018

Form einer Vollmacht bei formbedürftigem Hauptgeschäft

Vollmacht Form BGB - Ausgangssituation


Gemäß § 167 II BGB bedarf die Vollmachtserteilung nicht der Form, welche für das Rechtsgeschäft bestimmt ist, auf das sich die Vollmacht bezieht. 

Fraglich ist, ob dieser gesetzlich normierte Grundsatz eine Ausnahme erfahren muss, wenn die Vollmachtserteilung zum Abschluss eines formbedürftigen Rechtsgeschäftes ermächtigt. Dann könnte es sinnvoll sein, dass die Form der Vollmacht bereits die Form des Hauptgeschäftes teilt. 


§ 167 II BGB und § 311b I 1 BGB - Grundsatz


Es ist anerkannt, dass die Vollmacht zum Abschluss eines Grundstückskaufvertrages grundsätzlich nicht der Form des Grundstückskaufvertrages gemäß § 311b I 1 BGB i. V. m. § 128 BGB entsprechen muss. 

Die Vollmacht zum Abschluss eines Grundstückskaufvertrages ist damit grundsätzlich formfrei, was der Grundsatzregel des § 167 II BGB entspricht. 


§ 167 II BGB - Ausnahme durch teleologische Reduktion


In Ausnahmefällen ist es nach Sinn und Zweck geboten, die allgemeine und grundsätzliche Formfreiheit der Vollmacht einzuschränken. Dogmatisch und methodisch wird dies dadurch begründet und erreicht, dass die Grundsatz-Regel des § 167 II BGB ausnahmsweise teleologisch reduziert wird. Dies bedeutet, dass dem Wortlaut nach eine Vorschrift zwar anwendbar ist, aber nach Sinn und Zweck ihr Anwendungsbereich eingeschränkt werden muss.

Wann dies der Fall ist, muss im Einzelfall entschieden und begründet werden. 

Es ist aber anerkannt, dass unwiderrufliche Vollmachten zur Vornahme formbedürftiger Rechtsgeschäfte grundsätzlich auch der Formvorschrift des Hauptgeschäftes entsprechen müssen. Dies ist damit zu begründen, dass eine unwiderrufliche Vollmacht quasi bereits die Verbindlichkeit zur Vornahme des Hauptgeschäfts in sich trägt und damit die Funktionen der Formvorschrift in der Regel bereits bei der Vollmacht zu beachten sind. 

Im Rahmen der unwiderruflichen Bevollmächtigung zum Abschluss eines Grundstückskaufvertrages ist beispielsweise bereits im Rahmen der Vollmachtserteilung § 311b I 1 BGB i. V. m. § 128 BGB zu beachten. Dies gründet sich auf die Warnfunktion und den Übereilungsschutz, den § 311b I 1 BGB bezweckt. Diese Funktionen würden bei einer unwiderruflichen Vollmacht untergraben, wenn diese formfrei möglich wäre. 

Immer dann also, wenn der Vertretene durch die Vollmachtserteilung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht in gleicher Weise gebunden wird wie bei der Vornahme des Hauptgeschäfts, ist grundsätzlich eine Formbedürftigkeit der Vollmacht anzunehmen. 

Dabei ist besondere Vorsicht geboten, wenn das Hauptgeschäft den Stellvertreter zudem noch begünstigt. Zum Schutz des Vertretenen ist dann ein weiteres Argument für die Formbedürftigkeit der Vollmachtserteilung zu bejahen.

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