Mündliche Zusicherungen des Stellvertreters - Ausgangsfragestellung
Im Geschäftsverkehr ist es gängige Praxis, dass Stellvertreter gemäß §§ 164 ff. BGB für den Geschäftsabschluss eingesetzt werden. Stellvertreter können dabei auch mündlich Eigenschaften, beispielsweise einer Kaufsache, zusichern.
Dabei kann eine solche mündliche Zusicherung einer Eigenschaft mit den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Vertretenen kollidieren, wenn in AGB-Klauseln festgelegt ist, dass mündliche Zusicherungen von Stellvertretern zu ihrer Wirksamkeit der schriftlichen Bestätigung bedürfen.
Fraglich ist hier, ob die mündliche Zusicherung der Eigenschaft durch den Vertreter bereits ohne schriftliche Bestätigung wirksam ist oder nicht.
Vorrang der Individualabrede gemäß § 305b BGB
Gemäß § 305b BGB haben individuelle Vertragsabsprachen Vorrang vor Allgemeinen Geschäftsbedingungen.
In der mündlichen Zusicherung einer Eigenschaft durch den Stellvertreter könnte damit eine Individualabrede zu sehen sein, die aufgrund ihrer Spezialität die AGB-Schriftformklausel verdrängt. Im Einzelfall kann eine Interpretation der Vereinbarung gemäß §§ 133, 157, 242 BGB zu diesem Ergebnis führen.
Vorrang der Allgemeinen Geschäftsbedingungen
Andererseits kann die Auslegung gemäß §§ 133, 157, 242 BGB aber auch ergeben, dass die mündliche Zusicherung durch den Stellvertreter aufgrund der kollidierenden Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam ist.
Denn letzten Endes treffen die Rechtsfolgen eines Vertrages oder Rechtsgeschäfts den Vertretenen und nicht den Stellvertreter. Damit kann es im Ergebnis sach- und interessengerecht sein, wenn sich die AGB-Klausel und damit der Wille des vertretenen Hintermannes im Falle einer Kollision mit dem Stellvertreterhandeln durchsetzt.
Kein Verstoß gegen § 305b BGB wegen unzulässiger Schriftform
In der Regel wird bei einer Kollision von mündlicher Zusicherung einer Eigenschaft durch den Stellvertreter und Schriftformklausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen davon ausgegangen, dass die Schriftformklausel wirksam ist. Es liegt aber darin kein unzulässiger Verstoß gegen § 305b BGB vor, sondern eine zulässige Beschränkung der Stellvertretungsmacht.
Rechtsfolge bei Schriftformklauseln in AGBs und mündlichen Zusicherungen durch Stellvertreter
Sichert ein Stellvertreter mündlich eine Eigenschaft oder auch andere Vertragspunkte zu, obwohl diesbezüglich per Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Schriftform gemäß § 126 BGB vereinbart wurde, so handelt der Stellvertreter ohne Vertretungsmacht.
Die Zusicherung des Stellvertreters ist wegen fehlender Vertretungsmacht daher gemäß § 177 I BGB schwebend unwirksam. Der Stellvertreter handelt daher als falsus procurator.
§ 177 BGB normiert den Vertragsschluss durch einen Stellvertreter ohne Vertretungsmacht. Schließt jemand ohne Vertretungsmacht im Namen eines anderen einen Vertrag, so hängt die Wirksamkeit des Vertrages für und gegen den Vertretenen gemäß § 177 I BGB von dessen Genehmigung ab.
Vertretungsmacht des Stellvertreters - Rechtsscheinsvollmachten beachten!
Wenngleich der Stellvertreter bei mündlicher Zusicherung einer Eigenschaft trotz Schriftformklausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen grundsätzlich ohne Vertretungsmacht handelt, kann sich die Vertretungmacht nicht nur aus der gesetzlichen oder in diesen Fällen üblichen rechtsgeschäftlichen Vertretungsmacht ergeben.
Auch die Rechtsscheinstatbestände sind daher bei der Frage der Vertretungsmacht zu überprüfen. Dabei kann sich die Vertretungsmacht auch aus Rechtsscheinsvollmachten wie Anscheinsvollmacht und Duldungsvollmacht ergeben.
Entscheidend ist hier der Schutz des Rechtsverkehrs und dass im Einzelfall am Ende eine sach- und interessengerechte Lösung des Problems erfolgt.
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