Überwindung von Formmängeln gemäß § 242 BGB - Ausgangssituation
Sind Rechtsgeschäfte formbedürftig und wurde die Form nicht eingehalten, so sind diese bei gesetzlich vorgeschriebener Form gemäß § 125 S. 1 BGB nichtig. Gemäß § 125 S. 2 BGB hat ein Mangel der durch Rechtsgeschäft bestimmten Form im Zweifel ebenfalls Nichtigkeit zur Folge.
Es gibt aber bei Formverstößen auch Tatbestände, die eine Heilung eines Formmangels ermöglich, so beispielsweise bei Grundstückskaufverträgen § 311b I 2 BGB, bei Schenkungsverträgen § 518 II BGB oder aber § 766 S. 3 BGB im Rahmen der Bürgschaft.
Besteht keine Heilungsmöglichkeit, kommt eine Überwindung der Formnichtigkeit nur noch gemäß § 242 BGB in Betracht. Der allgemeine Grundsatz von Treu und Glauben durchdringt die gesamte Rechtsordnung und ist daher auch im Rahmen der Formnichtigkeit von Rechtsgeschäften zu beachten.
Gemäß § 242 BGB ist der Schuldner verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Hieraus leitet sich der allgemeine Grundsatz von Treu und Glauben ab.
Dieser allgemeine Grundsatz kommt aber nur in absoluten Ausnahmefällen zum Tragen. Grundsätzlich sind Spezialregelungen vorrangig. Für die Frage der Korrektur von Formnichtigkeiten haben sich Fallgruppen herausgebildet, die als Anhaltspunkte dienen.
Korrektur der Formnichtigkeit über § 242 BGB - Edelmann-Fall
Im Edelmann-Fall hatte ein selbst ernannter "Edelmann" im Rahmen eines Schenkungsversprechens bezüglich eines Grundstücks dem Erwerber versichert, dieser könne sich auf sein Edelmann-Wort verlassen. Eine notarielle Beurkundung des Schenkungsversprechens gemäß § 518 I 1 BGB und des Vertrages gemäß § 311b I 1 BGB in Verbindung mit § 128 BGB sei daher nicht nötig. Daher verzichtete der Erwerber im Vertrauen auf dieses Versprechen auf die Einhaltung der Formvorschriften. Am Ende hielt der Edelmann jedoch nicht sein Wort und der Erwerber ging leer aus.
Die Rechtsprechung kam im Edelmann-Fall zu dem Ergebnis, dass der Erwerber nicht schutzwürdig sei. Der Erwerber habe hier bewusst auf die Einhaltung der Formvorschriften verzichtet. Veräußerer und Erwerber waren sich einig, dass sie die gesetzlich vorgeschrieben Form nicht einhalten. Wer aber bewusst ein Rechtsgeschäft nicht dem Recht unterstelle, sondern einem Ehrenwort eines "Edelmannes", der sei nicht schutzwürdig.
Korrektur der Formnichtigkeit über § 242 BGB - Arglistige Täuschung über die Formbedürftigkeit
Wer mittels Arglist (dolus malus) über die Formbedürftigkeit und die konkrete Form eines Rechtsgeschäfts getäuscht wird, der ist grundsätzlich schutzbedürftig. Daher ist in solchen Fällen eine Korrektur über § 242 BGB grundsätzlich möglich.
Insbesondere bei Minderjährigen verstärkt sich dieser Schutz noch aufgrund der erhöhten Schutzwürdigkeit des Minderjährigen. Hat allerdings ein Minderjähriger getäuscht, ist die Korrektur über § 242 BGB fraglich, da auch ein täuschender Minderjähriger grundsätzlich schutzwürdig ist; insbesondere, wenn die Täuschung Ausdruck seiner fehlenden Reife ist.
Nach dem Rechtsgedanken des § 162 BGB hat der Getäuschte bei arglistiger Täuschung über die Formbedürftigkeit eines Rechtsgeschäfts ein Wahlrecht diesbezüglich, ob er einen Vertrag als wirksam behandeln will oder nicht.
Korrektur der Formnichtigkeit über § 242 BGB - Versehentliche Nichtbeachtung der Form
In krassen Ausnahmefällen kann es aufgrund der individuellen Konstellation des einzelnen Falles geboten sein, trotz versehentlicher Nichtbeachtung der Form eine Korrektur gemäß § 242 BGB zuzulassen. Dies insbesondere dann, wenn die Nichtigkeitsfolgen aufgrund des Formmangels bei einer Partei zu schlechthin untragbaren, unerträglichen Ergebnissen führen.
Dies wird beispielsweise angenommen, wenn die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts zu einer wirtschaftlichen Existenzgefährdung oder sogar Existenzvernichtung führen würde.
Korrektur der Formnichtigkeit über § 242 BGB - Dogmatische Einordnung
Wurde eine Formvorschrift nicht eingehalten und kommt auch keine Heilung des Formmangels in Betracht, bleibt nur eine Korrektur über § 242 BGB.
Die Berufung auf den Formmangel verstößt dann im Einzelfall gegen Treu und Glauben. Gegen die Berufung auf den Formmangel kann der Begünstigte daher die Einrede des § 242 BGB erheben. Dogmatisch fungiert § 242 BGB damit als peremptorische, also dauernde Einrede.
Korrektur der Formnichtigkeit über § 242 BGB - Prüfungsschema
- Vorliegen einer Formvorschrift
- Nichteinhaltung der Form
- Heilungsmöglichkeit
- § 242 BGB
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