Schuldhafte Verursachung der Formnichtigkeit - Beispiel Grundstückskaufvertrag - Ausgangslage
Ein Grundstückskaufvertrag ist gemäß § 311b I 1 BGB in Verbindung mit § 128 BGB formbedürftig und bedarf zu seiner Wirksamkeit der notariellen Beurkundung. Wird diese Form nicht eingehalten, so ist der Grundstückskaufvertrag gemäß § 125 S. 1 BGB nichtig.
Nun gibt es Fälle, in denen eine der Parteien des Grundstückskaufvertrages die Nichteinhaltung der Form verschuldet hat. Damit ist der Grundstückskaufvertrag gemäß § 125 S. 1 BGB unwirksam. Für die andere Partei ergibt sich aufgrund des Verschuldens ein Anspruch aus culpa in contrahendo gemäß §§ 280 I, 311 II, 241 II BGB.
Fraglich ist, welcher Anspruchsinhalt sich bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen der culpa in contrahendo im Rahmen der Rechtsfolge ergibt. Hierzu gibt es mehrere Ansätze.
Anspruch auf Erfüllung
Teilweise wird diskutiert, ob der Geschädigte einen Anspruch aus cic in Verbindung mit dem gescheiterten Vertrag auf Erfüllung hat. Diese Auffassung ist jedoch abzulehnen, da hiermit die Vorschrift des § 311b I 1 BGB ausgehebelt und die Nichtigkeitsfolge des § 125 S. 1 BGB umgangen würde. Außerdem würde diese Lösung auf einen Kontrahierungszwang hinauslaufen, der grundsätzlich abzulehnen ist und für diesen Fall kein Ausnahmetatbestand greift.
Anspruch aus culpa in contrahendo auf das negative Interesse
Der Anspruch im Rahmen der culpa in contrahendo ist auf das negative Interesse gerichtet. Damit wird dem Geschädigten in jedem Falle der Vertrauensschaden ersetzt.
Die alleinige Beschränkung auf den Ersatz des Vertrauensschadens hält die herrschende Meinung aber für unbefriedigend. Insbesondere bei vorsätzlicher Herbeiführung der Formnichtigkeit sei insoweit eine über den Ersatz des negativen Interesses hinausgehende Sanktion angemessen und erforderlich.
Anspruch aus culpa in contrahendo auf das positive Interesse
Die Rechtsprechung und die herrschende Meinung in der Literatur plädieren für den Ersatz des positiven Interesses. Der Geschädigte ist damit so zu stellen, wie wenn der aufgrund der Formnichtigkeit gescheiterte Vertrag ordnungsgemäß zustande gekommen wäre.
Im Rahmen eines wegen Formnichtigkeit gemäß §§ 311b I 1, 125 S. 1 BGB gescheiteren Grundstückskaufvertrages ist der Käufer damit so zu stellen, dass er sich ein gleichwertiges Grundstücks am Grundstücksmarkt beschaffen kann.
Der Ersatz des positiven Interesses im Rahmen der culpa in contrahendo steht im Einklang mit der allgemeinen Dogmatik. Zwar ist bei Verletzung einer Pflicht nach § § 241 II, 311 II BGB dem Geschädigten grundsätzlich nur der ihm entstandene Verletzungs- und Vertrauensschaden gemäß § 280 I BGB zu ersetzen. Ausnahmsweise erstreckt sich der Ersatzanspruch aber auf das Erfüllungsinteresse, wenn das Rechtsgeschäft ohne die culpa in contrahendo mit dem vom Geschädigten erstrebten Inhalt wirksam zustande gekommen wäre oder wenn dies der Schutzzweck der verletzten Pflicht verlangt; und das ist hier der Fall.
Berufung auf Formmangel gemäß § 242 BGB verwehrt - Verhältnis zur cic
Bei schuldhafter Herbeiführung des Formmangels gibt es auch die Möglichkeit, dass dem Schädiger die Berufung auf den Formmangel verwehrt ist, insbesondere bei Vorsatz. Damit kommt der Vertrag trotz Formnichtigkeit so zustande, wie er vereinbart war, womit die beiderseitigen vertraglichen Pflichten aus dem Vertrag erfüllt werden müssen.
Bei dieser Lösung ist dann aber grundsätzlich ein Schadensersatz aus culpa in contrahendo, gerichtet auf das positive Interesse, ausgeschlossen. Entweder erhält der Geschädigte also Schadensersatz aus culpa in contrahendo oder aber er behält seinen Anspruch auf Erfüllung, beispielsweise aus einem Grundstückskaufvertrag.
Es muss dem Einzelfall überlassen bleiben, welche Lösung sachgerechter ist: Entweder Ausschluss der Berufung auf den Formmangel gemäß § 242 BGB und damit Erfüllung aus wirksamem Vertrag oder aber Formnichtigkeit des Vertrages mit Haftung aus cic auf das positive Interesse. Die beiden Möglichkeiten stehen also in einem Ausschlussverhältnis; dies ist zwingend zu beachten.
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