Beiderseitiger Verstoß gegen das SchwArbG - Ausgangssituation
Verstoßen Auftraggeber und Auftragnehmer im Rahmen eines Vertrages gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz, so ist dieser Vertrag in der Regel gemäß § 134 BGB nichtig.
Aufgrund der Nichtigkeit stellt sich dann die Frage, ob ein bereicherungsrechtlicher Ausgleich zwischen den Parteien gemäß §§ 812 ff. BGB erfolgt.
Insbesondere im Verhältnis von Arbeitnehmer und Arbeitgeber als Auftragnehmer und Auftraggeber stellt sich die Frage, ob der vorleistende Arbeitnehmer bereicherungsrechtlichen Ausgleich für die erbrachte Arbeitsleistung fordern kann.
Beiderseitiger Verstoß gegen das SchwArbG - Anspruchsgrundlage
Die Nichtigkeit des Vertrages aus § 134 BGB besteht von Anfang an. Richtige bereicherungsrechtliche Anspruchsgrundlage ist damit die condictio indebiti gemäß § 812 I 1 Alt. 1 BGB.
Beiderseitiger Verstoß gegen das SchwArbG - Prüfungsschema
- Etwas erlangt: Die Arbeitsleistung
- Durch Leistung: In Erfüllung des Arbeitsvertrages
- Ohne Rechtsgrund: Wegen § 134 BGB ist der Vertrag unwirksam
- Kein Ausschluss: § 814 BGB und § 817 BGB sind zu beachten
- Rechtsfolge: Herausgabe der ungerechtfertigten Bereicherung
Beiderseitiger Verstoß gegen das SchwArbG - Ausschluss nach § 814 BGB
Im Rahmen der Prüfung der condictio indebiti darf die Prüfung der Ausschlussgründe nicht übersehen werden. Hier ist zunächst § 814 BGB zu beachten.
Das zum Zweck der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete kann gemäß § 814 BGB dann nicht zurückgefordert werden, wenn der Leistende gewusst hat, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war, oder wenn die Leistung einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprach.
Ein Ausschluss gemäß § 814 BGB scheitert in den Fällen eines beiderseitigen Verstoßes gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz aber regelmäßig an der mangelnden positiven Rechts- und Rechtsfolgenkenntnis der Parteien. Damit fehlt es in der Regel an der Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen § 814 BGB.
Beiderseitiger Verstoß gegen das SchwArbG - Ausschluss nach § 817 S. 2 BGB analog
Der Ausschlussgrund des § 817 S. 2 BGB greift nicht nur bei der Leistungskondiktion gemäß § 817 S. 1 BGB, also der condictio ob turpem vel iniustam causam, sondern nach ganz herrschender Meinung auch bei allen anderen Leistungskondiktionen. Methodisch wird dies mit einer analogen Anwendung des § 817 S. 2 BGB gerechtfertigt.
Der Ausschlussgrund des § 817 S. 2 BGB ist Ausdruck des römischrechtlichen Grundsatzes "in pari turpitudine melior est causa possidentis", was übersetzt bedeutet: "Bei gleicher Sittenwidrigkeit ist die Sache des Besitzenden besser". Verstoßen also beide Parteien gegen ein gesetzliches Verbot oder die guten Sitten, so ist der Empfänger dadurch vor einer Kondiktion durch den Leistenden geschützt.
Dem Wortlaut nach liegen die Tatbestandsvoraussetzungen des § 817 S. 2 BGB analog vor, wenn beide Seiten gegen das SchwArbG verstoßen haben.
Fraglich ist jedoch, ob nach Sinn und Zweck ein solches Ergebnis gerechtfertigt ist. Wenn beispielsweise ein Arbeitnehmer als Auftragnehmer und ein Arbeitgeber als Auftraggeber beide im Zuge eines Vertrages gegen das SchwArbG verstoßen, so ist der Arbeitsvertrag gemäß § 134 BGB unwirksam. Wegen § 817 S. 2 BGB kann dann aber der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber nicht Ersatz für die geleisteten Dienste aus Bereicherungsrecht fordern; sein Anspruch ist gemäß § 817 S. 2 BGB analog ausgeschlossen.
Damit würde ein skrupelloser Arbeitgeber begünstigt, da er die Bereicherung in Form der erhaltenen Arbeitsleistungen nicht herausgeben, also wertersetzen müsste. Der vorleistende Arbeitnehmer wäre dadurch unbillig benachteiligt.
In solchen Fällen ist eine Korrektur des Ergebnisses gemäß § 817 S. 2 BGB analog gemäß § 242 BGB geboten. Der Ausschluss des Bereicherungsanspruchs gemäß § 817 S. 2 BGB analog ist damit wiederum auszuschließen.
Dem Arbeitnehmer muss der bereicherungsrechtliche Anspruch gegen den Arbeitgeber erhalten bleiben. Dogmatisch begründet wird dies mit einer teleologischen Reduktion des § 817 S. 2 BGB. Zwar wäre vom Wortlaut des § 817 S. 2 BGB analog der Bereicherungsanspruch aus § 812 I 1 Alt. 1 BGB ausgeschlossen, nach Sinn und Zweck aber muss der Anwendungsbereich des § 817 S. 2 BGB analog in diesem Fall reduziert beziehungsweise die Anwendung verneint werden.
Beiderseitiger Verstoß gegen das SchwArbG - Anspruch gemäß § 817 S. 1 BGB
Im oben genannten Fall des Arbeitnehmers als Auftragnehmer verstößt der Arbeitgeber als Auftraggeber im Rahmen eines Schwarzarbeitgeschäfts gegen ein gesetzliches Verbot, so dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 817 S. 1 BGB vorliegen. Rechtsfolge ist die Herausgabe der Bereicherung durch den Arbeitgeber. Der Ausschlussgrund des § 817 S. 2 BGB, diesmal in direkter Anwendung, greift aus denselben Gründen wie oben nicht.
Vertritt man die Auffassung, dass der Anspruch aus § 817 S. 1 BGB in Anspruchskonkurrenz zum Anspruch aus § 812 I 1 Alt. 1 BGB steht, also nicht von der condictio indebiti für die Fälle des § 134 BGB verdrängt wird, so kann der Arbeitnehmer auch bereicherungsrechtlichen Ausgleich vom Arbeitgeber gemäß § 817 S. 1 BGB verlangen.
Beiderseitiger Verstoß gegen das SchwArbG - Vergütung des Schwarzarbeiters - Fazit:
Haben beide Parteien im Rahmen eines Arbeitsvertrages gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz verstoßen, so ist der Arbeitsvertrag gemäß § 134 BGB nichtig. Der vorleistende Arbeitnehmer kann dann Ersatz bzw. Ausgleich für seine Dienstleistungen aus § 812 I 1 Alt. 1 BGB und § 817 S. 1 BGB vom Arbeitgeber fordern.
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