Inhaltsverbot § 134 BGB - Definition
Ein Inhaltsverbot im Sinne des § 134 BGB liegt dann vor, wenn das Verbotsgesetz ein Gesetz im Sinne des § 2 EGBGB darstellt, welches sich nicht gegen die äußeren Rahmenbedingungen eines Rechtsgeschäfts (z. B. Ladenschlussgesetz), sondern gegen den Inhalt des Rechtsgeschäfts und damit gegen dessen zivilrechtliche Wirksamkeit wendet.
Inhaltsverbot § 134 BGB - 2 Kategorien
Bei Gesetzen, die Inhaltsverbote normieren, sind zwei Kategorien von Verstößen zu unterscheiden:
- Einseitige Verstöße gegen Inhaltsverbote und
- Zwei- bzw. mehrseitige Verstöße gegen Inhaltsverbote.
Inhaltsverbot § 134 BGB - Einseitiger Verstoß
Bei einseitigen Verstößen gegen ein Verbotsgesetz ist durch Auslegung zu ermitteln, ob der Verstoß zur Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts führen soll oder nicht. Entscheidendes Kriterium ist hier der Sinn und Zweck des Verbotsgesetzes.
In der Regel ist bei einseitigen Verstößen davon auszugehen, dass das Rechtsgeschäft trotz des einseitigen Verstoßes wirksam bleibt. Dies wird insbesondere bei Verträgen deutlich.
Der vertragliche Anspruch ist in der Regel der stärkste Anspruch für den Gläubiger. Wird nun der Vertragspartner im Rahmen des Verstoßes gegen ein Verbotsgesetz gemäß § 263 StGB getäuscht und geschädigt, so würde bei Annahme der Nichtigkeit gemäß § 134 BGB der Vertrag unwirsam sein. Dann aber nimmt man dem Getäuschten und Geschädigten damit den vertraglichen Anspruch. Nach Sinn und Zweck wird dies in der Regel nicht gewollt sein.
Inhaltsverbot § 134 BGB - Einseitiger Verstoß - Beispiel - Wirksamkeit
Nehmen wir an, A und B schließen einen Vertrag über ein Smartphone und A hat als Verkäufer den B im Rahmen dieses Kaufvertrages betrogen im Sinne des § 263 StGB. Da § 263 StGB ein Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB darstellt könnte sich daraus die Unwirksamkeit des Kaufvertrages ergeben.
Nimmt man nun Nichtigkeit an, wird der Betrüger A am Ende dadurch noch privilegiert. Denn bei Wirksamkeit des Vertrages hat B als Käufer alle vertraglichen Rechte gegen A, insbesondere auch die Gewährleistungsrechte.
Nimmt man allerdings Nichtigkeit des Kaufvertrages wegen des Betruges gemäß § 134 BGB an, so nimmt man B die vertraglichen Rechte gegen A. B bleibt dann auf seine gesetzlichen Rechte aus §§ 823 ff. BGB beschränkt. Dies wäre ein erheblicher Nachteil für den Käufer B.
Nach Sinn und Zweck ist es daher sachgerecht, trotz des Betruges keine Nichtigkeit des Kaufvertrages anzunehmen.
Inhaltsverbot § 134 BGB - Einseitiger Verstoß - Beispiel - Nichtigkeit
Als Ausnahme vom oben aufgezeigten Grundsatz gibt es aber auch Fälle, in denen die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts bei einseitigem Verstoß Sinn macht.
Dies ist in der Regel immer dann der Fall, wenn der Schutzzweck der verletzten Norm dies gebietet. Besteht also beispielsweise das Rechtsgeschäft aus einem Vertrag und stellt dieser Vertrag einen Nachteil für eine der Parteien dar, so ist nach Sinn und Zweck Nichtigkeit die Folge.
So beispielsweise bei Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz. Schließt eine Person einen Rechtsberatungsvertrag mit einem Rechtsdienstleister ab, der von Gesetzes wegen zur Rechtsberatung nicht befugt ist, so ist Nichtigkeit dieses Geschäftsbesorgungsvertrages die Folge.
Dies gebietet der Schutz der zu beratenden Person. Denn Sinn und Zweck des Rechtsdienstleistungsgesetzes ist die Sicherstellung einer hohen Qualität der Rechtsberatung. Diese ist aber nur bei Ausübung der Beratung durch gesetzlich anerkannte Berufsgruppen gewährleistet.
Der Schutz des Beratenen gebietet daher die Nichtigkeit des Vertrages, womit dieser insbesondere nicht zur Honorierung einer Falsch- und Schlechtberatung verpflichtet wird. Andererseits kann auch der unbefugt Beratende aufgrund der Nichtigkeit des Vertrages keine vertraglichen Ansprüche gegen den Betroffenen geltend machen. Der Schutz des Beratenen und die fehlende Schutzwürdigkeit des unbefugt Beratenden führen nach Sinn und Zweck daher zur Unwirksamkeit des Vertrages; dies ist interessen- und sachgerecht.
Inhaltsverbot § 134 BGB - Beiderseitiger bzw. mehrseitiger Verstoß
Bei beiderseitigen bzw. mehrseitigen Verstößen verstoßen beide oder eben alle Beteiligten im Rahmen eines Rechtsgeschäfts gegen die jeweilige Verbotsnorm. Wenn sich die Verbotsnorm dabei auch an beide bzw. alle Personen richtet, so ist niemand schutzwürdig. Rechtsfolge ist dann die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts.
Inhaltsverbot § 134 BGB - Beiderseitiger bzw. mehrseitiger Verstoß - Beispiel
Verkauft V 1 Kilogramm Kokain an K, der es als Zwischenhändler weiterverkaufen will, so verstoßen beide Parteien des Kaufvertrages gegen das Betäubungsmittelgesetz. Ein solcher Kaufvertrag verstößt gegen § 29 BtMG und damit gegen ein Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB. Sowohl V als auch K unterliegen mit ihren jeweiligen Verhaltensweisen diesem Verbot, vgl. § 29 I Nr. 1 BtMG. Nach Sinn und Zweck richtet sich das Verbot des § 29 BtMG gegen beide, womit auch beide nicht schutzwürdig sind.
Der Kaufvertrag ist damit nichtig.
Inhaltsverbot § 134 BGB - Fazit
Es ist jeweils im Einzelfall zu untersuchen, ob ein Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB vorliegt und ob ein Verstoß auch zur Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts führen soll. Wichtig ist wie immer die Begründung, die wie das Ergebnis selbst auch überzeugend sein muss. Hier entscheidet wiederum die Argumentation am Einzelfall und keine vorgefertigte Schablone oder ein Schema. Wer auf richtig hohem Niveau argumentieren will, argumentiert immer am Einzelfall.
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