Partielle Geschäftsfähigkeit - Gesetzlicher Ausgangspunkt und Definition
Gemäß § 106 BGB ist ein Minderjähriger, der das siebente Lebensjahr vollendet hat, nach Maßgabe der §§ 107 bis 113 BGB in der Geschäftsfähigkeit beschränkt.
Mit partieller Geschäftsfähigkeit wird ein Tatbestand gekennzeichnet, der zu einer Erweiterung der an sich beschränkten Geschäftsfähigkeit des Minderjährigen in bestimmten Bereichen führt. Gemeint sind hier vornehmlich die Fälle der §§ 112, 113 BGB.
§ 112 BGB - Selbständiger Betrieb eines Erwerbsgeschäfts durch den Minderjährigen
Ermächtigt der gesetzliche Vertreter mit Genehmigung des Familiengerichts den beschränkt geschäftsfähigen Minderjährigen zum selbständigen Betrieb eines Erwerbsgeschäfts, so ist der Minderjährige für solche Rechtsgeschäfte unbeschränkt geschäftsfähig, welche der Geschäftsbetrieb mit sich bringt.
Hiervon ausgenommen sind lediglich diejenigen Rechtsgeschäfte, zu denen der Stellvertreter der Genehmigung des Familiengerichts bedarf. Hierfür sind die §§ 1643, 1822 BGB zu beachten. Ist die Ermächtigung einmal erteilt, kann sie nur mit Genehmigung des Familiengerichts zurückgenommen werden.
§ 113 BGB - Dienst- oder Arbeitsverhältnis des beschränkt geschäftsfähigen Minderjährigen
Im Gegensatz zu § 112 BGB geht es in § 113 BGB um Sachverhalte, in denen der Minderjährige nicht als Unternehmer, sondern als Arbeitnehmer tätig wird.
Ermächtigt der gesetzliche Vertreter den Minderjährigen dazu, in Arbeitsverhältnisse einzutreten, so ist der Minderjährige für solche Rechtsgeschäfte unbeschränkt geschäftsfähig, welche die Eingehung oder Aufhebung eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses der gestatteten Art oder die Erfüllung der sich aus einem solchen Verhältnis ergebenden Pflichten betreffen.
Ausgenommen davon sind aber Verträge, zu denen der Vertreter der Genehmigung des Familiengerichts bedarf.
Die Ermächtigung kann von dem Vertreter jederzeit zurückgenommen oder eingeschränkt werden.
Für die Fälle, in denen der gesetzliche Vertreter nicht die Eltern sind, sondern diese Rolle ein Vormund einnimmt, kann die Ermächtigung im Falle der Verweigerung des Vormunds auf Antrag des Minderjährigen durch das Familiengericht ersetzt werden. Das Familiengericht muss die Ermächtigung ersetzen, wenn sie im Interesse des Mündels liegt.
Die für einen einzelnen Fall erteilte Ermächtigung gilt im Zweifel als allgemeine Ermächtigung zur Eingehung von Verhältnissen derselben Art.
§ 113 BGB bei Ausbildungsverhältnissen
Dienst- und Arbeitsverhältnisse im Sinne des § 113 BGB sind nicht gleichzusetzen mit Ausbildungsverhältnissen im Sinne der §§ 1 ff. BBiG (Berufsbildungsgesetz).
Während bei Dienst- und Arbeitsverhältnissen der Erwerbszweck im Vordergrund steht, dienen Ausbildungsverhältnisse dazu, durch die Vermittlung von Grundlagen für den Erwerb beruflicher Handlungsfähigkeit an eine Berufsausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf heranzuführen und die Auszubildenden somit fit fürs Berufsleben und damit zukünftige Dienst- oder Arbeitsverhältnisse im Sinne des § 113 BGB vorzubereiten.
Ausbildungsverhältnisse und Dienst- oder Arbeitsverhältnisse sind damit weder formal noch inhaltlich-materiell vergleichbar.
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