9. März 2018

Minderjähriger als Gesellschafter und organschaftlicher Vertreter einer OHG - Ist das möglich?

Gesetzlicher Ausgangspunkt - §§ 125 I HGB, 165 BGB

Gemäß § 125 I HGB ist zur Vertretung der OHG jeder Gesellschafter ermächtigt, wenn er nicht durch den Gesellschaftsvertrag von der Vertretung ausgeschlossen ist. 

Eine besondere Regel, dass Minderjährige keine vertretungsberechtigten Gesellschafter einer OHG sein können, gibt es in den Vorschriften der OHG nicht. Gleichzeitig stellt § 165 BGB klar, dass ein beschränkt geschäftsfähiger Minderjähriger Stellvertreter sein kann. 

Ausgehend von dieser Gesetzeslage müsste es damit grundsätzlich möglich sein, dass ein minderjähriger Gesellschafter auch gleichzeitig organschaftlicher Stellvertreter einer OHG sein kann. Ganz so simpel ist es dann aber doch nicht.

Spezialregelung des HGB für die OHG - § 128 HGB

Gemäß § 128 HGB haften alle Gesellschafter einer OHG für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft gegenüber den Gläubigern als Gesamtschuldner persönlich. Dabei ist eine entgegenstehende Vereinbarung gegenüber Dritten unwirksam. 

Dies bedeutet, dass ein beschränkt geschäftsfähiger minderjähriger Gesellschafter als organschaftlicher Stellvertreter einer OHG nicht nur die Gesellschaft durch sein Handeln verpflichtet, sondern gleichzeitig auch sich selbst als Gesellschafter der OHG. Dies weicht von der Konstruktion des BGB ab, dass der Stellvertreter den Vertretenen berechtigt und verpflichtet, aber nicht sich selbst. 

Somit ist diese Art der Verpflichtung im Rahmen einer OHG rechtlich nachteilig. Fraglich ist nun, ob und wie man in dieser Konstellation zu einer wirksamen Stellvertretung des Minderjährigen gelangen kann.

Lösung über § 112 BGB - analog

Gemäß § 112 BGB ist der Minderjährige für solche Rechtsgeschäfte unbeschränkt geschäftsfähig, welche der Geschäftsbetrieb mit sich bringt, wenn der gesetzliche Stellvertreter mit Genehmigung des Familiengerichts den Minderjährigen zum selbständigen Betrieb eines Erwerbsgeschäfts ermächtigt. 

Die Teilnahme eines Minderjährigen als Gesellschafter einer OHG ist als selbständiger Betrieb eines Erwerbsgeschäfts im Sinne des § 112 BGB zu qualifizieren. Zu diesem Ergebnis gelangt man entweder durch direkte oder analoge Anwendung des § 112 BGB. Liegt eine solche Ermächtigung im Sinne des § 112 BGB (analog) vor, so ist eine organschaftliche Vertretung einer OHG durch den minderjährigen Gesellschafter zulässig. 

Problematisch - Ermächtigung gemäß § 112 BGB liegt nicht vor

Der minderjährige Gesellschafter und organschaftliche Stellvertreter einer OHG ist über den Weg des § 112 BGB also grundsätzlich möglich. 

Problematisch wird diese Konstruktion aber, wenn der Minderjährige in die Gesellschafterstellung als OHG-Gesellschafter kraft Gesetzes eintritt, wie dies beispielsweise im Rahmen einer Erbfolge geschieht. 

Gemäß § 1922 BGB tritt der Minderjährige als Erbe des Erblassers in die gesamte Rechtsposition des Erblassers ein. War der Erblasser OHG-Gesellschafter und Stellvertreter der OHG, wird damit der Minderjährige automatisch ebenso OHG-Gesellschafter und Stellvertreter. 

Der Minderjährige tritt im Wege der Erbrechtsfolge in die Rechtsposition des Erblassers ein. Dann aber fehlt es an der Ermächtigung gemäß § 112 BGB. Eine sachgerechte Lösung einer solchen Problemkonstellation muss sich daher in jedem Falle auch dem ausreichenden Schutz des Minderjährigen widmen.

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