1. März 2018

Lucidum intervallum BGB und Rechtsgeschäftsfähigkeit

Lucidum intervallum Definition

Lucidum intervallum kommt aus dem Lateinischen und bedeutet übersetzt soviel wie "Lichter Moment". Dieser Begriff bezeichnet im Zivilrecht einen Moment, in dem an sich geschäftsunfähige Personen im Sinne des § 104 Nr. 2 BGB vorübergehend im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte sind. 

Lucidum invervallum Geschäftsfähigkeit

Natürliche Personen, welche sich dauerhaft in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befinden, sind gemäß § 104 Nr. 2 BGB geschäftsunfähig. Damit können solche Personen grundsätzlich keine wirksamen Rechtsgeschäfte vornehmen. Eine Ausnahme besteht aber für diejenigen Geisteszustände des an sich Geschäftsunfähigen, in denen sich der an sich Geschäftsunfähige im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte befindet. Diese vorübergehenden Zustände normaler Urteilskraft nennt man lucida intervalla. Willenserklärungen und Rechtsgeschäfte, die in diesen Phasen erfolgen, sind wirksam. 

Lucidum intervallum Begründung

Die Zulässigkeit der Wirksamkeit während eines lichten Moments erfolgter Rechtsgeschäfte durch an sich geschäftsunfähige natürliche Personen im Sinne des § 104 Nr. 2 BGB ergibt sich aus der präzisen Auslegung der Vorschrift. Der Wortlaut des § 104 Nr. 2 BGB stellt auf einen Zustand ab, der die freie Willensbestimmung der natürlichen Person ausschließt. Ein solcher Zustand kann aber unterbrochen sein. Nach Sinn und Zweck der Vorschrift muss es der Person dann möglich sein, wirksam Rechtsgeschäfte durchzuführen. Dies entspricht auch der Verhältnismäßigkeit, um der an sich geschäftsunfähigen Person nicht die volle Handlungsfreiheit zu nehmen. Es ist auch nicht ersichtlich, warum eine sich in einem intellektuell einwandfreien Zustande befindende Person keine wirksamen Rechtsgeschäfte tätigen können soll. Dabei kann es nicht relevant sein, dass der Zustand nur vorübergehender Natur ist. Dieses Ergebnis ist auch systematisch korrekt, da die Rechtsgeschäftslehre nur den Geschäftsunfähigen vor den Folgen seines eigenen Handelns schützen will und auch der Rechtsverkehr nur beim Verkehr mit Geschäftsunfähigen eines besonderen Schutzes bedarf. Sobald eine Person aber, wenn auch nur für einen lichten Moment, vollständig willensbildungsfähig ist, bedürfen weder die Person selbst noch der Rechtsverkehr eines besonderen Schutzes.

Lucidum intervallum Rechtsfolgen

Lucida intervalla, also lichte Momente, führen zur Aufhebung der Geschäftsunfähigkeit für die Zeit ihres Bestehens. Für die Zeiträume, in denen das Urteils- und Motivationsvermögen normal sind, besteht daher keine Geschäftsunfähigkeit im Sinne des § 104 Nr. 2 BGB. Damit besteht für diese lichten Momente Rechtsfähigkeit und daher können auch in dieser Zeit wirksame Rechtsgeschäfte durchgeführt werden.

Lucidum invervallum: Abgrenzung zwischen § 104 Nr. 2 BGB und § 105 II BGB

Machen Sie sich den Unterschied zwischen § 104 Nr. 2 BGB und § 105 II BGB klar. Im Rahmen eines lucidum intervallum ist ein an sich Geschäftsunfähiger gemäß § 104 Nr. 2 für den Zeitpunkt oder Zeitraum des lichten Moments geschäftsfähig. Im Rahmen des § 105 II BGB ist ein an sich Geschäftsfähiger für den Zeitpunkt oder Zeitraum der Bewusstlosigkeit oder der vorübergehenden Störung der Geistestätigkeit quasi geschäftsfähig und seine Willenserklärungen daher unwirksam. Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob in den Fällen des § 105 II BGB eine kurzzeitige Geschäftsunfähigkeit eintritt oder aber nur die Willenserklärungen in diesem Zustand unwirksam sind. Die dogmatisch-theoretische Einordnung diesbezüglich ändert nichts an der Rechtsfolge.

Lucidum intervallum, § 104 Nr. 2 BGB und § 105 II BGB - Darlegungslast - Beweislast

Die Unterscheidung zwischen § 104 Nr. 2 BGB, dem lucidum intervallum und den Fällen des § 105 II BGB wirkt sich im Rahmen der Beweislast aus. Hier muss die kurzzeitigen Abweichungen vom jeweiligen dauerhaften Normalzustand derjenige beweisen, der sich auf diese Abweichung beruft. Wer sich im Rahmen des § 104 Nr. 2 BGB auf ein lucidum intervallum beruft, muss dieses substantiiert und schlüssig darlegen und beweisen. Im Rahmen des § 105 II BGB muss derjenige einen Zustand der Bewusstlosigkeit oder der vorübergehenden Störung der Geistestätigkeit darlegen und im Bestreitensfalle beweisen, der sich auf einen solchen Zustand beruft. 

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