1. März 2018

Abgabe und Zugang einer Willenserklärung in den Fällen des § 105 II BGB

Nichtigkeit einer Willenserklärung gemäß § 105 BGB

Gemäß § 105 I BGB ist die Willenserklärung eines Geschäftsunfähigen nichtig. Gemäß § 105 II BGB ist eine Willenserklärung auch dann nichtig, wenn sie im Zustand der Bewusstlosigkeit oder der vorübergehenden Störung der Geistestätigkeit abgegeben wird. 

Wirksamkeitsvoraussetzungen einer Willenserklärung

Nicht empfangsbedürftige Willenserklärungen bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Abgabe. Empfangsbedürftige Willenserklärungen bedürfen zu ihrer Wirksamkeit zusätzlich eines Zugangs beim Adressaten der Willenserklärung.

Abgabe der Willenserklärung

Die Abgabe einer Willenserklärung ist die willentliche Entäußerung in den Rechtsverkehr. Bei empfangsbedürftigen Willenserklärungen in Richtung des Empfängers. 

Abgabe einer Willenserklärung im Zustand des § 105 II BGB

Erfolgt die Abgabe einer Willenserklärung im Zustand der Bewusstlosigkeit oder der vorübergehenden Störung der Geistestätigkeit, so ist die Abgabe unwirksam. Dies zieht akzessorisch auch die Unwirksamkeit der Willenserklärung nach sich. Damit sind Abgabe und Willenserklärung nichtig. 

Zugang einer Willenserklärung im Zustand des § 105 II BGB

Für den Zugang einer Willenserklärung existiert keine dem § 105 II BGB vergleichbare Norm. Fraglich ist daher, ob der Zugang einer Willenserklärung möglich ist, wenn sich der Empfänger im Zustand des § 105 II BGB befindet. 

Lösung über § 131 BGB (analog)?

Für Geschäftsunfähige es gibt eine Zugangsregelung in § 131 I BGB. § 105 II BGB betrifft aber keine Fälle der Geschäftsunfähigkeit. Geschäftsunfähigkeit liegt gemäß § 104 Nr. 2 BGB nur dann vor, wenn eine dauerhafte krankhafte Störung der Geistestätigkeit vorliegt. § 105 II BGB normiert aber Fälle der vorübergehenden Störung der Geistestätigkeit. § 104 BGB ist insoweit abschließend. Auch eine analoge Anwendung des § 131 BGB scheidet mangels Vorliegens einer planwidrigen Regelungslücke aus.

Lösung über § 105 II BGB analog?

Da es für den Zugang beim Empfänger keines willentlichen Handelns des Empfängers bedarf, ist sein Willensbildungszustand letzten Endes auch unbeachtlich für die Wirksamkeit des Zugangs. Für den Zugang der Willenserklärung ist es zudem nicht von Bedeutung, ob der Empfänger tatsächlich Kenntnis von ihr nimmt. Damit kann es auch keine Rolle spielen, ob der Empfänger intellektuell in der Lage dazu ist, die Willenserklärung tatsächlich entgegenzunehmen oder zu verstehen. Daher bedarf es auch keiner Analogie zu § 105 II BGB für den Zugang einer Willenserklärung in Fällen der Bewusstlosigkeit oder der vorübergehenden Störung der Geistestätigkeit. Als zivilrechtlicher Zurechnungstatbestand unterliegt der Zugang nicht den Wirksamkeitsvoraussetzungen für Rechtsgeschäfte. Anders ist dies bei der Abgabe einzuordnen. Die Abgabe stellt selbst einen Willensakt dar. Sie ist, je nach Einordnung, Rechtsgeschäft bzw. rechtsgeschäftsähnliche Handlung und unterliegt den Regeln über Rechtsgeschäfte. Für die Abgabe ist daher auch die Willensbildungsfähigkeit vorauszusetzen. Daher bleibt es für die Abgabe konsequenterweise bei § 105 II BGB und die Notwendigkeit einer Willensbildungsfähigkeit, während der Zugang bei vorübergehender Störung der Geistestätigkeit oder Bewusstlosigkeit erfolgt, als ob der Zustand des § 105 II BGB nicht bestünde; jedenfalls ist ein solcher Zustand für den Zugang nicht relevant.

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