26. Januar 2018

SCHEINGESCHÄFT EINFACH ERKLÄRT

Scheingeschäft Definition

Das Scheingeschäft, auch simuliertes Geschäft genannt, ist ein Tatbestand, bei dem einvernehmlich der äußere Schein eines Rechtsgeschäftes erzeugt wird, ohne dass die mit diesem Rechtsgeschäft verbundenen Rechtsfolgen von den Parteien gewollt sind. Den Parteien mangelt es damit einverständlich an einem Rechtsbindungswillen. Der objektiv erklärte konkrete Rechtsbindungswille findet daher keine Entsprechung im subjektiven Tatbestand. Ein Scheingeschäft liegt also immer dann vor, wenn die Parteien nicht den rechtlichen Erfolg des Rechtsgeschäfts, sondern nur den äußeren Schein des Rechtsgeschäft erzeugen wollen. 


Gesetzlicher Anknüpfungspunkt § 117 BGB

Der gesetzliche und rechtlich-dogmatische Anknüpfungspunkt für den Tatbestand und die Rechtsfolgen des Scheingeschäfts befindet sich in § 117 BGB. Hier sind Tatbestand und Rechtsfolge für sowohl das Schein- als auch das verdeckte Rechtsgeschäft normiert.


Dogmatische materiell-rechtliche Einordnung und Prüfungsaufbau

§ 117 BGB ist eine rechtshindernde Einwendung. Bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen tritt die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts von Anfang an ein. Ein vertraglicher Anspruch wird damit bereits von Anfang an in seiner Entstehung gehindert. Beim klassischen Prüfungsaufbau der Anspruchsmethode wird § 117 BGB daher bereits zu Anfang unter dem Prüfungspunkt "Anspruch entstanden" geprüft. 


Dogmatische zivilprozessuale Einordnung

Als materiell-rechtlich rechtshindernde Einwendung ist § 117 BGB von Amts wegen zu berücksichtigen. Die Parteien müssen sich demnach nicht auf § 117 BGB berufen, damit dieser im Prozess Anwendung findet.


Scheingeschäft Beispiele


  • A verkauft B sein Grundstück für 500.000 EUR. Um Steuer zu sparen, vereinbaren sie offiziell nach außen hin vor dem Notar einen Kaufpreis von 200.000 EUR. 
  • C gibt bei einer Auktion im Einverständnis des Auktionators D ein Gebot nur zum Schein ab, um die Anwesenden zur Abgabe höherer Gebote zu animieren.
  • E und F gaukeln dem Gläubiger G vor, dass E für die Schuld des F bei G eine Bürgschaft eingehen wird.



Rechtsfolgen des Scheingeschäfts gemäß § 117 I BGB

Gemäß § 117 I BGB ist das Scheingeschäft nichtig. Diese Unwirksamkeit des simulierten Rechtsgeschäfts besteht gegenüber jedermann, nicht nur gegenüber den zum Schein Handelnden.


Ausnahme zur Nichtigkeit des Scheingeschäfts gemäß § 405 BGB

§ 405 BGB ist eine Norm des Schuldrecht AT und somit spezieller gegenüber § 117 BGB. § 405 BGB normiert eine Ausnahme von der grundsätzlichen Nichtigkeit gemäß § 117 BGB. Hiernach ist der rechtshindernde Einwand des Scheinrechtsgeschäfts ausgeschlossen, sobald der Schuldner einer Forderung seine Schuld durch eine Urkunde verbrieft hat. In direkter Anwendung des § 405 BGB gilt dies für Fälle, in denen der Schuldner die Schuld nur zum Schein eingegangen ist. In analoger Anwendung muss dies aber auch für all diejenigen Fälle gelten, in denen eine tatsächlich bestehende Schuld lediglich zum Schein abgetreten wird. § 405 fingiert also sowohl das Bestehen einer eigentlich nicht existenten Forderung als auch das Bestehen einer wirksamen Abtretung einer existenten Forderung. § 405 BGB ermöglicht damit den gutgläubigen Erwerb einer nicht bestehenden Forderung. Dies ist eine Ausnahme vom Grundsatz, dass ein gutgläubiger Forderungserwerb nicht möglich ist. Begründet wird dies damit, dass im Rahmen des § 405 BGB ein Rechtsscheinsträger für die Forderung existiert. Damit erzeugt dieser Rechtsschein schützenswerten guten Glauben und ermöglicht damit auch den gutgläubigen Erwerb der Forderung. Grundsätzlich ist aber eine Forderung kein körperlicher Gegenstand wie eine Sache, weshalb es weder Besitz noch Grundbucheintragung als Rechtsscheinsträger gibt. Daher ist auch ein gutgläubiger Forderungserwerb grundsätzlich ausgeschlossen.


Rechtsfolgen des Scheingeschäfts gemäß § 117 II BGB

Das dissimulierte Rechtsgeschäft, das von den Parteien eigentlich gewollt ist, ist bei Vorliegen aller Wirksamkeitsvoraussetzungen wirksam. Dabei sind vor allem die §§ 125, 134 und 138 BGB zur Prüfung für das verdeckte Rechtsgeschäft heranzuziehen. 


Wichtige Abgrenzungen

Das Scheingeschäft ist von Treuhandgeschäften, Strohmanngeschäften und Umgehungsgeschäften abzugrenzen. Diese stellen eigenständige Rechtsfiguren dar, die strikt vom Scheingeschäft zu trennen sind und nicht mit diesem verwechselt werden dürfen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Vielen Dank für Ihren Kommentar. Aus rechtlichen Gründen müssen wir Ihren Kommentar erst prüfen, bevor wir ihn freischalten dürfen. Wir danken Ihnen für Ihr Verständnis und werden Ihren Kommentar zeitnah freischalten!

Erfüllbarkeit - Definition und Erklärung für die Hausarbeit

Die Erfüllbarkeit wird häufig missverstanden. Umso wichtiger ist es, dass Sie sich diese Erklärung und Definition der Jura Ghostwriter für...