19. Januar 2018

Haftung in Gefälligkeitsverhältnissen

Unterscheidung Gefälligkeit, Gefälligkeitsverhältnis und Gefälligkeitsvertrag

Bei Gefälligkeitsverhältnissen im weiteren Sinne sind die verschiedenen Formen der Gefälligkeiten zunächst einmal strikt zu trennen. Zu unterscheiden sind dabei die reinen Gefälligkeiten im gesellschaftlichen Kontext und ohne rechtliche Implikationen von den Gefälligkeitsverhältnissen ohne Primärleistungspflichten und dem Gefälligkeitsvertrag mit Primärleistungspflichten.

Die Gefälligkeit im gesellschaftlichen Bereich

Eine Gefälligkeit im gesellschaftlichen, nicht-rechtlichen Bereich, liegt dann vor, wenn jemand für einen anderen tätig wird, ohne in irgendeiner Art und Weise rechtlich gebunden zu sein oder dafür ein Entgelt zu erhalten. Hierbei kann es um Tätigkeiten gehen, die Überlassung von Sachen oder deren Aufbewahrung oder auch jede andere Art der materiellen oder immateriellen Besserstellung des Begünstigten durch den Gefälligen. In solchen Verhältnissen werden keine Erfüllungsansprüche, Aufwendungsersatzansprüche oder andere Ansprüche begründet. Ob eine Gefälligkeit im gesellschaflichen Bereich vorliegt, muss durch Auslegung ermittelt werden. Zu beachtende Kriterien im Einzelfall sind dabei beispielsweise der Wert einer Sache, die wirtschaftliche Bedeutung einer Angelegenheit, das erkennbare Interesse des Begünstigten an der Gefälligkeit oder auch ein durch den Gefälligen übernommenes Risiko. Hier entscheidet der Einzelfall mit all seinen Sachverhaltsdetails. Die Haftung bei solchen Gefälligkeiten des täglichen Lebens richtet sich lediglich nach den gesetzlichen Vorschriften des Deliktsrechts gemäß §§ 823 ff. BGB. 

Das Gefälligkeitsverhältnis  ohne Primär-, aber mit Sekundärpflichten

Ein Gefälligkeitsverhältnis überschreit die Grenze der Gefälligkeit vom rein gesellschaftlichen Bereich in den rechtlichen Bereich. Hier werden zwar ebenfalls keine primären Leistungspflichten für den Gefälligen begründet. Es  bestehen aber, z.B. aufgrund der wirtschaftlichen Bedeutung der Gefälligkeit für den Begünstigten, bereits rechtliche Implikationen. So werden beispielsweise bereits Sorgfalts- und Schutzpflichten begründet, deren Verletzung Sekundäransprüche auslösen kann. Ein Rechtsbindungswille wird hier lediglich für die Sekundäransprüche, nicht aber für die Primärpflichten unterstellt. Die Haftung bei solchen Gefälligkeitsverhältnissen mit rechtsgeschäftlichem Charakter richtet sich bezüglich der Sekundärpflichten bei Leistungsstörungen nach §§ 280 I, 241 II BGB bzw. § 311 II analog BGB. Daneben gilt selbstverständlich das Deliktsrecht gemäß §§ 823 ff. BGB, welches bei keiner Personenbeziehung ausgeschlossen werden kann.

Der Gefälligkeitsvertrag - ein altruistischer Vertrag mit Primärleistungspflicht

Ein Gefälligkeitsvertrag liegt vor, wenn die Erbringung der Gefälligkeit eine Primärleistungspflicht des Gefälligen darstellt. Der Gefällige muss also rechtlich die Gefälligkeit für den Begünstigten erbringen und ist insoweit allen typischen Pflichten eines "echten" Vertrages ausgesetzt. Der Gefälligkeit ist daher Schuldner des Begünstigten, handelt mit Rechtsbindungswillen und muss fremdnützig für den Gläubiger und Begünstigten tätig werden. Im Gegensatz zur reinen Gefälligkeit oder dem Gefälligkeitsverhältnis besteht hier ein Erfüllungsanspruch. In der Regel wird der Tatsache, dass hier nur eine einseitige Primärleistungspflicht besteht, dadurch Rechnung getragen, dass es eine Haftungsprivilegierung für den Gefälligen gibt. So wird zumindest auf Haftungsebene eine gewisse Berücksichtigung der Einseitigkeit vorgenommen und damit ein kleiner Ausgleich geschaffen. Die Haftung in solchen Gefälligkeitsverträgen richtet sich primär zunächst nach der vertraglichen Vereinbarung. Weiterhin gelten ergänzend die §§ 280 ff. BGB, das Deliktsrecht und eventuell weitere Haftungsnormen. Damit ist der Gefällige in solchen Gefälligkeitsverträgen der gesamten Bandbreite rechtlicher Haftung ausgesetzt.

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