22. Januar 2018

Angebot freibleibend - Was man wissen muss!

BINDUNG AN EINEN ANTRAG

Gemäß § 145 BGB ist der Antragende grundsätzlich an seinen Antrag gebunden. Dies gilt ausnahmsweise dann nicht, wenn er seine Gebundenheit ausgeschlossen hat. Im Grundsatz kann der Anbietende daher seine Offerte nicht widerrufen. Insoweit ist auch ein eventueller geheimer Vorbehalt im Sinne des § 116 S. 1 BGB unbeachtlich. Der Anbietende, der insgeheim überhaupt kein Angebot machen will, wird grundsätzlich an sein Angebot gebunden. 

EINTRITT DER BINDUNGSWIRKUNG MIT ZUGANG

Die Bindungswirkung eines Angebotes tritt mit Zugang des Angebotes beim Adressaten ein, vgl. § 130 I 1 BGB. Dabei hat es keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit des Angebotes, wenn der Anbietende nach der Abgabe seines Angebotes stirbt oder geschäftsunfähig wird, vgl. § 130 I 2 BGB.

AUSSCHLUSS DER BINDUNGSWIRKUNG BEI WIDERRUF

Die Bindungswirkung eines Angebotes kann gemäß § 130 I 2 BGB dadurch verhindert werden, dass dem Adressaten vor dem Zugang des Angebotes oder wenigstens gleichzeitig ein Widerruf zugeht. Weil der Anbietende häufig aber auch jenseits des Widerrufs eine Bindungswirkung verhindern will, in der Regel aus wirtschaftlichen Gründen und der größeren Flexibilität wegen, existiert die Rechtsfigur des "Angebots freibleibend". 

BEDEUTUNG DES "ANGEBOT FREIBLEIBEND"

Die Vertragsklausel wie "Angebot freibleibend" oder sinngemäß ähnliche Formulierungen können unterschiedliche Bedeutung haben. Entscheidend ist der jeweilige Sachverhalt im Einzelfall, wonach unterschiedliche Interpretationen möglich sind. 

ANGEBOT FREIBLEIBEND = INVITATIO AD OFFERENDUM

Ein freibleibendes Angebot kann im Einzelfall eine invitatio ad offerendum, also die Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes darstellen. Entgegen dem Wortlaut "Angebot" liegt also lediglich eine Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes vor. Formale und inhaltlich-materielle Bedeutung fallen hier also auseinander. 

ANGEBOT FREIBLEIBEND = WIDERRUFSRECHT

Ein freibleibendes Angebot kann auch so zu interpretieren sein, dass der Anbietende zwar ein Angebot macht, sich dabei aber ein Widerrufsrecht bis zum Zugang der Annahmeerklärung des Adressaten vorbehält. Da mit dem Zugang der Annahmeerklärung der Vertrag zustande gekommen ist, scheidet ein Widerruf nach dem Zugang der Annahmeerklärung rechtslogisch aus. Da sich der Anbietende im Falle eines freibleibenden Angebotes genau deshalb für ein solches spezifisches Angebot entscheidet, um größtmögliche Freiheit zu genießen, wird diese Art der Interpretation in der Regel nicht gewollt sein. Der Anbietende will sich mit einer Freiklausel die letzte Entscheidung über das Zustandekommen eines Vertrages vorbehalten. Damit will er in jedem Fall auch noch nach dem Zugang der Annahmeerklärung den Vertragsschluss ablehnen können. Dieser Handlungsspielraum wird ihm genommen, wenn er lediglich ein Widerrufsrecht im obigen Sinne hat. 

ANGEBOT FREIBLEIBEND - INVITATIO AD OFFERENDUM DIE REGEL

Nach der herrschenden Meinung ist entsprechend der oben genannten Argumente ein Angebot mit Freiklausel grundsätzlich nicht als Angebot, sondern als invitatio ad offerendum einzuordnen. Allerdings liegt eine spezielle Form der invitatio ad offerendum vor. 

FIKTION DER ANNAHME DURCH SCHWEIGEN

Im Kontext eines freibleibenden Angebotes erwächst dem Erklärenden eine Erklärungspflicht. Der freibleibend Anbietende muss ohne schuldhaftes Zögern nach dem Zugang des Angebotes seines Geschäftspartners dieses Angebot ablehnen, wenn er den Vertragsschluss verhindern will. Schweigt der freibleibend Anbietende auf das Angebot seines Geschäftspartners, so fingiert das Recht sein Schweigen zu einer Annahme. Dies ist ein Beispiel dafür, wie Schweigen ausnahmsweise eine Willenserklärung darstellen kann.

ANGEBOT UNTER AUSSCHLUSS DER BINDUNGSWIRKUNG

Ein Angebot, das doch kein Angebot sein soll. Ein Angebot, das lediglich eine invitatio ad offerendum sein soll, die dann aber ihrerseits doch nicht ganz so unverbindlich ist. Diese Konstruktion wird von einem Teil der Literatur abgelehnt. Dieser Teil der Rechtswissenschaftler sieht in dem freibleibenden Angebot ein Angebot unter Ausschluss der Bindungswirkung. Eine solche Rechtsfigur ist in § 145 BGB gesetzlich verankert. Damit soll dieses Angebot auch noch nach Zugang der Annahme unverzüglich widerrufen werden können. Nach dieser Meinung hat die Freiklausel die Funktion einer Widerrufsklausel. 

KEIN PROBLEM BEI VERFÜGUNGEN NACH § 929 S. 1 BGB

Die Frage der Bindungswirkung eines Angebotes ist im Sachenrecht gemäß § 929 S. 1 BGB freier gelöst worden. Der Anbietende hat bis zum Zeitpunkt der Übergabe die Möglichkeit, seine Willenserklärung frei zu widerrufen. Dies folgt aus dem Umkehrschluss zu §§ 873 II, 956 I 2 BGB. Die Konstruktion und Interpretation eines freibleibenden Angebotes wird in diesem Kontext daher grundsätzlich bezüglich der Bindungswirkung nicht benötigt.

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