18. Januar 2018

Abgrenzung des Rechtsgeschäfts vom Gefälligkeitsverhältnis

Rechtsbindungswille ist entscheidend

Bei der Abgrenzung eines Rechtsgeschäfts von einer Gefälligkeit ist der Rechtsbindungswille das maßgebliche Abgrenzungskriterium. Der Rechtsbindungswille ist Teil des objektiven Tatbestandes einer Willenserklärung. Er wird anhand des objektiven bzw. objektivierten Empfängerhorizonts gemäß §§ 133, 157 BGB ermittelt. 

Kriterien, die gegen einen Rechtsbindungswillen sprechen:

Bei Gefälligkeiten des täglichen Lebens ist davon auszugehen, dass kein Rechtsbindungswille vorliegt. So zum Beispiel, wenn jemand eine andere Person mit dem Auto mitnimmt, zum Essen einlädt oder aber aus Gefälligkeit für ihn den Lotto-Schein abgibt. Auch bei bloßen Ratschlägen muss man grundsätzlich davon ausgehen, dass der Ratgebende keine juristisch wasserdichte Beratung erteilen will. Gesetzlicher Anknüpfungspunkt hierfür ist unter anderem ein Erst-Recht-Schluss aus § 675 II BGB. Grundsätzlich ist also bei den oben genannten und ähnlichen Konstellationen vom Fehlen eines Rechtsbindungswillens auszugehen. Entscheidend ist aber letzten Endes immer der Einzelfall und die Argumentation am Einzelfall.

Kriterien, die für einen Rechtsbindungswillen sprechen:

Wenn eine Tätigkeit, eine Aussage, ein Handeln oder ein Verhalten allgemein eine große rechtliche oder wirtschaftliche Bedeutung für eine andere Person impliziert, dann kann dies auf einen Rechtsbindungswillen schließen lassen. Im Einzelfall sind Grund, Zweck und Art der Gefälligkeit zu untersuchen und zu bewerten. Bei Sachen spielt dabei beispielsweise auch der Wert einer Sache eine große Rolle bzw. kann jedenfalls eine große Rolle spielen. Auch eventuelle für den Gefälligen erkennbare Gefahren für den Empfänger müssen in die Bewertung einbezogen werden. In der Regel ist hier beim Vorliegen entsprechender Indizien von einem Rechtsbindungswillen auszugehen. Auch hier entscheidet aber der Einzelfall unter Abwägung aller relevanten Gesichtspunkte. Schematische Einordnungen verbieten sich. 

Gefälligkeitsvertrag oder rechtsgeschäftliche Gefälligkeit mit Schutzcharakter

Ist ein Rechtsbindungswille zu bejahen, so kann das daraus resultierende Rechtsverhältnis unterschiedliche Rechtsfolgen beinhalten. Denkbar ist beispielsweise ein Gefälligkeitsvertrag, bei dem es zur Primärleistung gehört, dass die Gefälligkeit erbracht werden muss. Denkbar ist aber auch ein Rechtsverhältnis der Art, dass der Gefällige zwar keiner Primärleistungspflicht unterliegt, jedoch bei Erbringung der Gefällligkeit Schutzpflichten zu beachten hat. Deren Verletzung kann dann zu entsprechenden Schadensersatzansprüchen aus dem Rechtsverhältnis führen. Auch hier ist genau der Einzelfall zu untersuchen und anhand der konkreten Umstände zu argumentieren und eine Einordnung und Bewertung vorzunehmen.

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