14. März 2018

Vorvertrag und Hauptvertrag - Muss der Vorvertrag die Form des Hauptvertrages haben?

Vorvertrag und Form - Definition und Rechtliche Ausgangssituation

Der Vorvertrag, auch pactum de contrahendo genannt, ist ein schuldrechtlicher Vertrag, durch den sich die Parteien des Vorvertrages zum späteren Abschluss eines Hauptvertrages verpflichten. Die Erfüllung dieses Verpflichtungsvertrages erfolgt durch den Abschluss des weiteren Verpflichtungsgeschäftes in Form des Hauptvertrages. 

Fraglich ist es, welche Form ein solcher Vorvertrag haben muss, wenn für den Hauptvertrag Formzwang besteht, beispielsweise im Rahmen eines Grundstückskaufvertrages gemäß § 311b I BGB in Verbindung mit § 128 BGB.

Vorvertrag und Form: Warnfunktion und Beweisfunktion beachten

Es ist im Einzelfall zu entscheiden, ob ein Vorvertrag auch der Form des Hauptvertrages bedarf. Grundsätzlich kann man davon ausgehen, dass ein unwiderruflicher Vorvertrag zwingend zum Abschluss des Hauptvertrages verpflichtet. Dann aber sind die Parteien bereits dermaßen an ihre Vereinbarungen im Rahmen des Vorvertrages gebunden, dass auch der Vorvertrag schon die Formvorschriften erfüllen kann, soll oder muss. Für die Bestimmung des Formzwanges für den Vorvertrag sind aber auch die jeweiligen Funktionen der Formvorschriften zu beachten. 

Vorvertrag bei Warnfunktion der Formvorschrift

§ 311b I BGB dient der Belehrungsfunktion, der Beweisfunktion, der Kontrollfunktion und vor allem auch der Warnfunktion. Ein Vorvertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, einen Hauptvertrag bezüglich des Erwerbs oder der Übertragung des Eigentums an einem Grundstück zu verpflichten, schafft einen einklagbaren Anspruch auf Abschluss des Hauptvertrages. Auch hier schon ist der Sinn und Zweck des Übereilungsschutzes des § 311b I BGB zu beachten. Um der Warnfunktion gerecht zu werden, muss also auch der Vorvertrag bereits der Form des § 311b I BGB genügen.

Vorvertrag bei Beweisfunktion der Formvorschrift

Dient eine Formvorschrift lediglich der Beweisfunktion, so muss der Vorvertrag nicht der Form des Hauptvertrages entsprechen. Dieser Beweis muss und kann alleine mit dem Beweis im Rahmen des Hauptvertrages erbracht werden und nur um diesen geht es im Ergebnis. Wird beispielsweise ein Mietvertrag für längere Zeit als ein Jahr nicht in schriftlicher Form geschlossen, so gilt der Mietvertrag gemäß § 550 BGB für unbestimmte Zeit. Damit ändert ein Verstoß gegen die Schriftform nichts an der Gültigkeit des Vertrages selbst oder eines Inhalts. Daher ist es nicht ersichtlich, warum bereits ein Vorvertrag bezüglich des Abschlusses des Mietvertrages der Schriftform gemäß § 126 BGB entsprechen müsste. Es genügt der Beweis im Rahmen des formgültigen Hauptvertrages. Dies ändert jedoch nichts an dem eventuellen Bedürfnis der Parteien, sich auch durch Einhaltung der Schriftform im Rahmen des Vorvertrages bezüglich der Beweisbarkeit und Dokumentation der Vereinbarung abzusichern. Nur ist es eben von Rechts wegen hier nicht geboten und vor allem nicht zwingend zu fordern, dass sich die Parteien bereits im Rahmen des Vorvertrages der Formvorschrift des Hauptvertrages unterwerfen müssen. 

Vorvertrag und Formvorschrift - der Einzelfall muss entscheiden

Bei der Untersuchung, ob Vorverträge den Formvorschriften der Hauptvertrages entsprechen müssen, ist immer der Einzelfall entscheidend. Es sind die Funktionen der jeweiligen Formvorschriften zu beachten und nach Sinn und Zweck zu fragen, ob diese Funktionen bereits beim Vorvertrag erfüllt sein müssen. Die zu beachtenden Funktionen sind dabei insbesondere die Belehrungsfunktion, die Beweisfunktion, die Kontrollfunktion und die Warnfunktion einer Formvorschrift. Auch die Bindungswirkung des Vorvertrages ist ein wichtiges Kriterium. Je stärker die Bindungswirkung des Vorvertrages bezüglich der Verpflichtung zum Abschluss des formbedürftigen Hauptvertrages, desto mehr spricht auch für die Formbedürftigkeit des Vorvertrages selbst. Wenn eindeutige gesetzliche oder vertragliche Regelungen fehlen, entscheidet die Argumentation im Einzelfall. 

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