9. Februar 2018

Angebot und Annahme BGB - Zustandekommen eines Vertrages

Angebot und Annahme BGB

Das Zustandekommen eines Vertrages setzt korrespondierende Willenserklärungen voraus. In der Regel bestehen diese aus Angebot und Annahme. Die zeitlich vorrangige Willenserklärung ist das Angebot, auch Antrag genannt. Die in Bezug auf das Angebot zeitlich nachfolgende Willenserklärung ist die Annahme. 

Angebot Definition

Das Angebot ist eine Willenserklärung, die auf den Abschluss eines Vertrages gerichtet ist und alle essentialia negotii des intendieren Vertrages enthält, so dass ein bloßes "JA" als Annahme und damit zum Zustandekommen des Vertrages ausreicht.

Angebot Beispiel

A möchte das iPhone des B erwerben. A bietet dem B daher an, das iPhone für 500 EUR zu erwerben. Das Angebot des A enthält alle Parteien, Kaufgegenstand und Kaufpreis und damit alle essentialia negotii. B kann mit einem bloßen "JA" das Angebot des A annehmen und damit den Kaufvertrag im Sinne der §§ 433 ff. BGB abschließen. 

Annahme Definition

Die Annahme ist eine Willenserklärung, die als Reaktion auf ein Angebot den Willen des Annehmenden manifestiert, dass dieser das Angebot annehmen und damit den Vertrag abschließen möchte. 

Hinreichende Bestimmtheit des Angebotes

Das Angebot muss inhaltlich so bestimmt sein, dass die Annahme mittels eines bloßen "JA" erfolgen kann. Das Angebot muss also die wesentlichen Vertragspunkte, die sogenannten essentialia negotii, enthalten. Diese essentialia negotii müssen sich zumindest mittels Auslegung gemäß §§ 133, 157 BGB ermitteln lassen. 

Esssentialia negotii Beispiele

Bei Kaufverträgen bestehen die essentialia negotii aus den Parteien des Kaufvertrages, dem Kaufgegenstand und dem Kaufpreis. Beim Dienstvertrag bestehen die essentialia negotii aus den Parteien des Vertrages, der Dienstleistung und der Vergütung. Beim Mietvertrag bestehen die essentialia negotii aus den Parteien des Mietvertrages, dem Mietgegenstand und dem Mietzins.

Wirksames Angebot auch ohne essentialia negotii?

Grundsätzlich muss ein Angebot alle essentialia negotii enthalten, um ein wirksames Angebot und annahmefähig sein zu können. Es gibt jedoch auch Ausnahmen, bei denen trotz Unvollständigkeit des Angebotes ein wirksames Angebot vorliegt. 

Offerta ad incertas personas

So beispielsweise beim Angebot an jedermann, also der offerta ad incertas personas. Hier erfolgt das Angebot an einen unbestimmten Personenkreis, so dass zum Zeitpunkt des Angebotes noch nicht die Vertragsparteien feststehen. Dies ist bei Warenautomaten oder öffentlichen Verkehrsmitteln der Fall. Ausnahmsweise reicht hier also das Angebot gegenüber einem unbestimmten Personenkreis, um dennoch ein wirksames Angebot zu formulieren. 

§ 179 I BGB - Falsus procurator

Mit § 179 I BGB gibt es im Kontext des falsus procurator ebenfalls eine Regelung, die trotz Unvollständigkeit eine Wirksamkeit zulässt. Hier geht es darum, dass noch nicht klar ist, ob der Vertrag nun überhaupt zustande kommt und ob der scheinbar Vertretene überhaupt zum Vertragspartner wird. 

§ 262 BGB - Wahlschuld

Ein weiteres Beispiel ist § 262 BGB im Kontext der Wahlschuld. Hier steht die Leistung noch nicht fest und wird erst noch konkretisiert. Dennoch ist ein wirksames Angebot und damit ein wirksamer Vertragsschluss möglich. 

§§ 315 - 319 BGB - Nachträgliche Bestimmung

Auch die Vorschriften der §§ 315 bis 319 BGB aus dem Schuldrecht Allgemeiner Teil gehören zu denjenigen Fällen, in denen ein wirksames Angebot trotz Unvollständigkeit vorliegt. Hier sind Leistung und Gegenleistung des Vertrages noch nicht vollständig bestimmt und können von den Parteien noch konkretisiert werden. 

§§ 612 II, 632 II BGB - Dienstvertrag und Werkvertrag - Vergütung

Spezialgesetzliche Vorschriften finden sich auch im Schuldrecht Besonderer Teil in den §§ 612 II, 632 II BGB. Hier sind auch Angebot und Vertragsschluss ohne bestimmte Festlegung der Vergütung wirksam. 

§ 375 HGB - Bestimmungskauf

Auch der Bestimmungskauf gemäß § 375 HGB ist ein solches Beispiel. Beim Bestimmungskauf des Handelsrechts steht zur Zeit des Angebotes der eigentliche Kaufgegenstand noch nicht konkret fest. Dennoch ist dies hier zur Förderung der Leichtigkeit und Schnelligkeit des Rechtsverkehrs ausnahmsweise gewünscht; ein wirksames Angebot liegt dennoch vor. Im Ergebnis bleibt damit festzuhalten, dass zwar grundsätzlich jedes Angebot die essentialia negotii enthalten muss, es aber andererseits auch Ausnahmen gibt. 

Angebot als Realofferte

Ein Angebot kann ausdrücklich solches bezeichnet werden, es kann aber auch konkludent durch die tatsächliche Bereitstellung der Leistung in Form von Waren oder Dienstleistungen erfolgen. So beispielsweise beim Warenautomaten, bei dem die Bereithaltung der Ware durch den Anbieter und die Auszeichnung des Preises bereits das Angebot darstellen. Derjenige, der die Ware kaufen möchte, muss lediglich die Vertragsbedingungen erfüllen und kann somit den Kaufvertrag zustande bringen. Ähnlich ist es auch beim Vertragsschluss im Kontext öffentlicher Verkehrsmittel. Hier wird vom Betreiber des Verkehrsmittels durch die Bereithaltung der Transportleistung für grundsätzlich jedermann ein Angebot an einen unbestimmten Personenkreis formuliert. Die Realofferte heißt also deshalb so, weil der Anbieter der Leistung durch die tatsächliche, die reale Bereithaltung seines Angebotes den Antrag abgibt. Dabei fallen in der Regel schuldrechtlicher Verpflichtungs- und (dinglicher) Erfüllungsvertrag zusammen.

Offerta ad incertas personas

Die offerta ad incertas personas stellt ein Angebot dar, das sich an einen unbestimmten Personenkreis richtet. Im Gegensatz zum Normallfall des Angebotes, bei dem sich Anbietender und Angebotsempfänger kennen, sind sich bei der offerta ad incertas personas die Vertragsparteien unbekannt. Auch hier kann wieder der Warenautomat als Beispiel dienen. Da die Leistungen sofort ausgetauscht werden, besteht hier ausnahmsweise kein Bedürfnis der Parteien danach, den Vertragspartner kennenzulernen. Ein Bonitäts-, Liquiditäts- und Insolvenzrisiko des potentiellen Vertragspartners ist hier nicht relevant. Ein synonymer Begriff für die offerta ad incertas personas ist die invitatio ad incertas personas. Nicht zu verwechseln mit der invitatio ad offerendum ad incertas personas.

Invitatio ad offerendum ad incertas personas

Die invitatio ad offerendum ist die Einladung zur Abgabe eines Angebotes und noch nicht selbst das Angebot. Auch diese betrifft in ihrer Grundkonstellation den Fall, dass sich der Einladende und sein potentieller Vertragspartner gegenüberstehen und kennen. In dem Fall, in dem auch die invitatio ad offerendum an einen unbestimmten Personenkreis gerichtet ist, spricht man von einer invitatio ad offerendum ad incertas personas. Die invitatio ad offerendum ad incertas personas ist damit ein Spezialfall der invitatio ad offerendum. Auch sie ist noch kein Angebot, sondern die Aufforderung an einen unbestimmten Personenkreis zur Abgabe von Angeboten. Beispiele hierfür sind Schaufensterauslagen, Zeitungsannoncen oder auch "Angebote" in Online-Shops. Kein Beispiel hierfür ist grundsätzlich der Warenautomat. Hier liegt nicht nur eine invitatio ad offerendum ad incertas personas, sondern eine offerta ad incertas personas, also ein Angebot vor. 

Warenautomat und Vertragsschluss

Ein Vertrag kommt in der Regel durch Angebot und Annahme zustande. So auch beim Warenautomaten. Allerdings stellt der Vertragsschluss beim Warenautomaten einen Spezialfall dar. Das Angebot beim Warenautomaten ist eine Realofferte und eine offerta ad incertas personas. Der Aufsteller des Warenautomaten gibt also ein Angebot ad incertas personas zum Abschluss eines Kaufvertrages einer bestimmten Ware zu einem bestimmten Preis an unbekannte Dritte ab. Das Angebot ist darauf gerichtet, mit interessierten Dritten einen Kaufvertrag gemäß §§ 433 ff. BGB abzuschließen. Dabei ist dieses Angebot dreifach bedingt im Sinne des § 158 I BGB. Es gilt nur für den Fall, dass vom Vertragspartner die Gegenleistung in Form des richtigen Betrages und der richtigen und echten Währung erbracht wird, die Ware auch vorrätig ist und der Warenautomat funktioniert. In der logischen Reihenfolge prüft man daher, ob der Warenautomat grundsätzlich funktioniert, die Ware vorrätig ist und die Bezahlung mittels richtigem Betrag und echtem Geld erfolgt. Nur wenn diese drei Voraussetzungen erfüllt sind, ist das Angebot wirksam und kann dann auch angenommen werden. Die Annahme wiederum erfolgt konkludent durch Einwerfen des Geldbetrages. Dies ergibt sich aus einer Interpretation des Handelns des Dritten gemäß §§ 133, 157 BGB. Da der Vertragspartner in Form des Automatenaufstellers nicht beim Vertragsschluss anwesend ist, wird auf den Zugang der Annahme verzichtet. Die Annahme ist dennoch gemäß § 151 BGB wirksam. 

§ 151 BGB ist kein Fall des rechtlich erheblichen Schweigens

Ein Vertrag kommt durch Angebot und Annahme zustande. Wirksamkeitsvoraussetzung ist jeweils, dass Abgabe und Zugang erfolgen. Auf den Zugang der Annahme kann gemäß § 151 BGB ausnahmsweise verzichtet werden, nicht aber auf die Annahme selbst. Daher ist § 151 BGB kein Fall des rechtlich erheblichen Schweigens, denn in einem solchen Fall würde das Schweigen selbst als Annahmeerklärung interpretiert werden. Im Rahmen des § 151 BGB wird also nicht auf die Annahmeerklärung verzichtet, sondern nur den Zugang. Dieser Verzicht stellt ein Rechtsgeschäft bzw. eine rechtsgeschäftsähnliche Handlung dar und kann auch konkludent erfolgen. Die Auslegung der Verzichtserklärung erfolgt dabei gemäß §§ 133, 157, 242 BGB (analog). Der Vertrag kommt dann ohne Zugang der Annahmeerklärung zustande, wenn nach der Verkehrssitte eine Annahmeerklärung nicht zu erwarten war. So ist es beispielsweise in der Regel bei unentgeltlichen Zuwendungen oder beim Einkauf im Versandhandel, vgl. § 151 S. 1 Alt. 1 BGB. Auf den Zugang kann auch verzichtet werden, wenn der Anbietende selbst auf den Zugang verzichtet hat, vgl. § 151 S. 1 Alt. 2 BGB. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn eine Aufforderung zur sofortigen Warenlieferung vorliegt oder aber kurzfristig Hotelzimmer gebucht werden. Entscheidend ist immer der Einzelfall unter Abwägung der beiderseitigen Interessenlagen.

Verspätete Annahme und Vertragsschluss

Ein Antrag hat eine gewisse Lebensdauer, die entweder vom Antragenden selbst bestimmt wird oder aber gesetzlich vorgegeben ist. Nach Ablauf des Gültigkeitszeitraums verliert das Angebot seine Wirksamkeit und Annahmefähigkeit. Eine dann erfolgende verspätete Annahme gilt gemäß § 150 I BGB grundsätzlich als neuer Antrag. Eine Ausnahme hierzu normiert § 149 BGB für den Fall, dass die Annahmeerklärung zwar rechtzeitig abgesandt worden war, aber durch bestimmte, dem Anbietenden erkennbare und vom Absender nicht zu verantwortende Umstände verspätetet eingetroffen ist. 

Annahmefrist gemäß § 147 BGB und § 148 BGB

Die Annahmefrist bestimmt sich nach Parteibestimmung, Parteivereinbarung oder nach Gesetz. Gemäß § 147 I BGB kann ein Angebot unter Anwesenden nur sofort angenommen werden. Dabei gelten Angebote am Telefon als Angebote unter Anwesenden. Gemäß § 147 II BGB kann ein Angebot unter Abwesenden nur bis zu dem Zeitpunkt angenommen werden, zu dem die Annahme unter regelmäßigen und verkehrsüblichen Umständen auch noch erwartet werden darf. Hat der Antragende eine Frist für die Annahme bestimmt, dann kann das Angebot gemäß § 148 BGB nur innerhalb dieser Frist angenommen werden. Gemäß § 148 BGB analog gilt dies auch für Parteivereinbarungen bezüglich der Annahmefrist.

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